Die Grünen und Grünliberalen dürften Sitze verlieren, die SVP nach ihren Verlusten 2019 wieder zulegen. Als stärkste Partei der Schweiz mit 53 Sitzen im Nationalrat dürfte die SVP vier, fünf oder sogar die Hälfte der 12 im Jahr 2019 verlorenen Sitze zurückgewinnen, wie eine von der Nachrichtenagentur Keystone-SDA durchgeführte Analyse der kantonalen Trends zeigt.

Umgekehrt deutet alles darauf hin, dass die Grünen nach ihrem Aufschwung vor vier Jahren wieder Sitze verlieren werden. 2019 steigerten sie sich von 11 auf 28 Sitze und überholten damit die Mitte. Nun dürften sie wieder hinter die Mitte zurückfallen. Der Schaden dürfte sich jedoch auf einen Verlust von zwei bis vier Sitzen beschränken.

Auch die Grünliberalen (GLP) verlieren laut der Analyse an Boden. Sie müssen demnach damit rechnen, von ihren 16 Sitzen neun zu verlieren - und damit wieder auf das Niveau von 2015 zurückzufallen.

Eigene Dynamik

Der Politologe Nenad Stojanovic glaubt jedoch, dass die beiden grünen Parteien nicht allzu schlecht abschneiden werden: «Seit zwei oder drei Jahren wird von einem Absturz der Grünen und der Grünliberalen gesprochen, dieser könnte aber viel geringer ausfallen als erwartet. Es gibt bei einem Teil der Wählerschaft oft die Tendenz, Kandidaten zu unterstützen, die als Verlierer gelten», sagt er.

Nationale Umfragen über die Stärke der Parteien seien jeweils mit Vorsicht zu geniessen, da die geringe Grösse vieler Kantone die Proportionalität zwischen der Wählerstärke der Parteien und ihrer Sitzzahl breche, so Stojanovic. Das Ergebnis der Wahlen vom 22. Oktober werde das Produkt der besonderen Dynamik in jedem einzelnen der 26 Kantone und Halbkantone sein - und nicht nur dasjenige der arithmetischen Verteilung der Wähleranteile auf nationaler Ebene.

Die Analyse der einzelnen Kantone ermögliche daher eine feinere Vorhersage. Sie bestätigt schlussendlich aber die letzten Umfragen des Forschungsinstituts Sotomo: Das Parlament dürfte etwas weiter nach rechts rücken und die historischen Kräfteverhältnisse zementieren.

Die SP ist solide

Dieser Rechtsrutsch dürfte aber nicht auf Kosten der SP geschehen. Im Vergleich zu 2019 dürften die Sozialdemokraten leicht zulegen, und wieder mindestens 40 Sitze erreichen.

Aus der Analyse der kantonalen Trends ist hingegen nicht so klar, wie nach den letzten Umfragen zu erwarten, dass die Mitte die FDP überholt und zur drittstärksten Partei des Landes wird. In den beiden Kammern des Parlaments dürfte es zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den beiden Parteien kommen.

Schwierige Prognose

Vor allem in den grossen Kantonen wird es aufgrund der Rekordzahl von Kandidierenden zu einem harten Wettbewerb kommen. Hinzu kommen die zahlreichen Listenverbindungen und Unterlistenverbindungen, welche die Prognosen erschweren.

Aufgrund der demographischen Entwicklung wird Basel-Stadt einen Sitz an Zürich verlieren. Dies ist auf den ersten Blick eine gute Nachricht für die Rechte. Unter den lokalen Besonderheiten wird interessant sein, ob der Berner Jura seinen Sitz halten kann.

Zudem treten mehrere bisher nicht im Parlament vertretene und teilweise nur regional verankerte Parteien an, die die Karten neu mischen könnten. Dies insbesondere im Tessin, in Genf oder in Zürich.

(AWP)