Wenn der Extrem-Geländelaster Unimog von Daimler Truck durch einen Waldbrand rollt, besprühen spezielle Düsen die Windschutzscheibe und die Reifen mit Kühlwasser. Eine hitzeisolierte Kabine schützt die Insassen. Durch eine Luke im Dach kann ein Feuerwehrschlauch betätigt werden.

Es sind Extras wie diese, die den Unimog, das Schweizer Messer unter den Nutzfahrzeugen, derzeit zu Daimlers Verkaufsschlager machen. Die Stuttgarter können sich kaum retten vor Bestellungen — trotz Listenpreisen von bis zu 250.000 Euro. Das ab 1945 entwickelte Universal-Motor-Gerät kommt auch mit Gelände zurecht, bei dem handelsübliche Feuerwehrautos die Waffen strecken müssen. Ursprünglich für die Kartoffelernte in Nachkriegsdeutschland gebaut, sind für die heutigen Unimogs Berge und Wälder kein Hindernis.

Der Klimawandel ist die Ursache für die Zunahme von Waldbränden und anderen Katastrophen im Zusammenhang mit extremen Wetterereignissen. Heisse und trockene Bedingungen führten zu Bränden, die im Jahr 2022 800.000 Hektar Land zerstörten — mehr als das Zweieinhalbfache der durchschnittlichen Brandfläche der vorangegangenen 15 Jahre, wie aus den Daten des Europäischen Waldbrandinformationssystems hervorgeht. Auch in Europa kommt es immer häufiger zu heftigen Regenfällen, die in den letzten Monaten in Bulgarien, Griechenland und Teilen Italiens zu umfangreichen Überschwemmungen geführt haben.

Für widrige Klimas geeignet

Um mit dem widrigen Klima fertig zu werden, greifen immer mehr Feuerwehr- und Rettungsdienste auf den Unimog zurück. «Wir gehen davon aus, dass die Zahl der Waldbrände auch in den nächsten Jahren zunehmen wird», sagt Zigmunds Jaunkikis, Spezialist für Waldbrandschutz bei der staatlichen Forstverwaltung von Lettland, die ihre Unimog-Flotte von derzeit 27 auf 35 Fahrzeuge aufstockt. «Damit ist gewährleistet, dass wir schnell reagieren können und auch grosse Feuer zuverlässig in den Griff bekommen.»

Die Stuttgarter Feuerwehr setzt auf die gleiche Strategie. Die Fähigkeit des Unimogs, die Berge, Täler, steile Hänge und engen Strassen Süddeutschlands zu durchqueren, «war ein entscheidender Faktor bei der Beschaffung», so Amtsleiter Georg Belge.

Auch Wasser kann dem Unimog wenig anhaben. «Einer seiner grössten Vorteile ist seine Watfähigkeit», sagt Franziska Cusumano, Leiterin des Geschäftsbereichs Mercedes-Benz Special Trucks & Custom Tailored Trucks. «Er kann durch bis zu 1,2 Meter hohe Fluten fahren.»

Während der Unimog heute Geschwindigkeiten von fast 90 km/h erreicht — fast das Doppelte der ursprünglichen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h — ist die charakteristisch kantige Silhouette relativ unverändert seit den ersten Modellen, die Ende der 1940er Jahre vom Band liefen. Die Daimler-Ingenieure in Wörth montieren die Fahrgestell- und Antriebskomponenten immer noch von Hand, bevor sie die Fahrzeuge zu Spezialisten schicken, die sie mit Feuerwehrausrüstung wie 3.000-Liter-Wassertanks ausstatten.

Der Unimog ist nicht das einzige Beispiel für in die Jahre gekommene Katastrophentechnologie, die im Zuge des Klimawandels eine zweite Chance erhält. Auch der Flugzeugbauer De Havilland Aircraft of Canada baut wieder die legendären amphibischen gelben Löschflugzeuge, die sogenannten «Superscooper», die Wasser in Meeren und Seen aufnehmen und, wenn es die Topographie erlaubt, direkt zur Brandstelle fliegen können. Europäische Kunden haben bereits Vorbestellungen für 22 dieser Flugzeuge aufgegeben, die vor der Feuersaison 2027 ausgeliefert werden könnten.

Auch der Einmarsch Russlands in die Ukraine und die anschliessende Aufstockung der europäischen Verteidigungshaushalte haben den Unimog-Absatz angekurbelt. Die Bundesregierung beispielsweise hat die Ukraine mit Unimogs beliefert, die von Krankenwagen bis hin zu Plattformen für Raketenwerfer für verschiedenste Zwecke umgebaut wurden.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Fahrzeuge in einem Konfliktgebiet zum Einsatz kommen — vor fünf Jahren protestierten Demonstranten bei der Hauptversammlung von Daimler in Berlin gegen den Export von Unimogs an die Türkei, die sie in den kurdischen Gebieten einsetzten.

Der jüngste Anstieg der Unimog-Verkaufszahlen hat zwar bisher keine solche Kritik ausgelöst, aber er hat ein anderes Problem mit sich gebracht: Es wird immer schwieriger, einen Unimog zu kaufen. Laut einem Sprecher von Daimler Truck sind die Modelle bis weit ins Jahr 2024 ausverkauft.

(Bloomberg)