Gemäss dem AWP-Konsens, zu dem zehn Analysten beigetragen haben, verzeichnet Nestlé im ersten Quartal ein organisches Wachstum von 2,8 Prozent. Das Mengenwachstum (RIG) dürfte mit minus 0,7 Prozent betragen und der Umsatz auf 22,336 Milliarden Franken sinken - nachdem er sich im entsprechenden Vorjahresquartal auf 23,470 Franken belaufen hatte.

Die Analysten bereiten sich bei Nestlé somit auf ein schwaches erstes Quartal vor. Im Zentrum der Aufmerksamkeit wird bei der Präsentation der Quartalszahlen von Nestlé das aus dem Verkaufsvolumen und Mixeffekten zusammengesetzte "interne Realwachstum" (RIG) stehen. Nestlé-Chef Schneider hatte nämlich davor gewarnt, dass das RIG tiefer ausfallen dürfte als im Schlussquartal 2024. Damals lag diese Kennzahl bei +0,4 Prozent - und damit erstmals seit fünf Quartalen wieder im positiven Bereich. Nun gehen die Analysten davon aus, dass die Verkaufsmenge wieder um 0,7 Prozent abnimmt.

Gründe dafür sind ein wegen wegfallender Hilfsprogramme der Regierung schwierigeres Konsumumfeld in den USA, in denen das Unternehmen rund einen Drittel des Umsatzes generiert, sowie die schwachen Geschäfte im Bereich Nestlé Health Science, welche auf die hausgemachten IT-Problemen zurückzuführen sind. Ausserdem hat das Quartal einen Handelstag weniger als das vierte Quartal 2023. Analysten verweisen zudem darauf, dass westliche Marken im Nahen Osten und in Teilen Asiens wegen des Nahostkonflikts von manchen Kunden gemieden werden.

Mit der Verkaufsmenge hängt auch die Preisentwicklung zusammen. Die Preiserhöhungen waren bei Nestlé bereits acht Quartale lang stärker als das RIG. Zuletzt hat das sogenannte Pricing aber wieder etwas nachgelassen. Es lag im vierten Quartal 2023 noch bei 6,8 Prozent. Einerseits dürfte die Preisspitze langsam erreicht sein, während sich die Inflation abschwächt. Andererseits drücken die hohen Preise auf die Volumen, sodass Nestlé die richtige Balance finden muss, um die Preise zu erhöhen, ohne dabei zu viel Volumen zu verlieren.

Die Frage wird nun sein, ob es Nestlé gelingt, die Anleger zu überzeugen, dass der Rest des Jahres besser laufen wird als das erste Quartal.

Erreicht Nestlé sein Wachstum?

Für das laufende Jahr will Nestlé ein organisches Wachstum von "um 4 Prozent" und einen "leichten Anstieg" der operativen Marge erreichen. Ob das Unternehmen die Wachstumsziele erreicht, darüber herrscht unter den Analysten Uneinigkeit.

Mittelfristig - bis 2025 - peilt Nestlé ein Umsatzwachstum im mittleren einstelligen Prozentbereich sowie eine bereinigte operative Marge zwischen 17,5 und 18,5 Prozent an.

Skandale belasten

Nestlé ist auch im ersten Quartal wieder im Mittelpunkt mehrerer Skandale gestanden. Unter anderem veröffentlichte die Organisation Public Eye erst vor wenigen Tagen eine grossangelegte Untersuchung zu Babynahrung. Die NGO stellte fest, dass die Produkte der Babycerealien-Marke Cerelac und der Milchpulver-Marke Nido oft Zuckerzusatz enthalten. Und dies ist laut der Laboruntersuchung insbesondere in Drittwelt- und Schwellenländern der Fall, während die Produkte in Zentraleuropa meist ohne Zuckerzusatz auskommen. Die beiden Marken steuern laut der NGO 2,5 Milliarden Franken zum Umsatz bei.

Ebenfalls hohe Wellen schlug der von Nestlé eingeräumte Einsatz verbotener Hilfsmittel beim Abfüllen von Mineralwasser. So hat der Konzern etwa Aktivkohlefilter und UV-Licht eingesetzt, um Mineralwasser in Frankreich, aber auch in der Schweiz von Verunreinigungen zu befreien. Der Haken dabei ist: Sobald solche Mittel eingesetzt werden, darf das Wasser rechtlich gesehen nicht mehr als Mineralwasser bezeichnet werden, da dieses unbehandelt sein muss. Nestlé argumentierte, man habe damit die Lebensmittelsicherheit gewährleisten wollen.

Aktienrückkaufprogramm läuft

Im Januar 2022 hat der Konzern ein Aktienrückkaufprogramm über 20 Milliarden Franken lanciert. Es soll Ende 2024 beendet werden. Bisher (Stand 17. April) wurden laut der Nestlé-Webseite bereits Aktien im Gesamtwert von 17,1 Milliarden Franken zurückgekauft zu einem Durchschnittspreis von 110,60 Franken pro Stück.

Nestlé war auch im ersten Quartal des laufenden Jahres aktiv in Sachen Mergers & Acquistions. Im März hat das Unternehmen sich aus dem Milch- und Saftgeschäft in Ecuador zurückgezogen. Das dortige Business ging an die peruanische Gloria Group. Die skandalumwobene Buitoni-Fabrik trat Nestlé an Italpizza ab. Zudem gab der Konzern seine Absicht bekannt, sich von einer Fabrik in Irland trennen und seine Babynahrungsmarken in Frankreich verkaufen zu wollen.

Es gab aber auch Zukäufe: So erwarb etwa die Gesundheitssparte Nestlé Health Science einen biotherapeutischen Produktkandidaten des US-Herstellers Codexis, der für die Behandlung von Bauchspeicheldrüsenschwäche eingesetzt werden soll.

Kursziel bei 110 Franken

Die Nestlé-Papiere haben im bisherigen Jahresverlauf über 3 Prozent an Wert verloren. Damit schneidet der Titel deutlich schlechter ab als der Gesamtmarkt (gemessen am SMI), der seit Januar gut 3 Prozent gestiegen ist.

Gemäss AWP-Analyser bewerten Analysten den Titel folgendermassen: 16 stufen ihn mit «Kaufen» ein, 7 mit «Halten» und 1 mit «Verkaufen». Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 110.20 Franken.