Die US-Notenbank Fed ist fest entschlossen, die hochgeschnellte Inflation zu bekämpfen. Noch bis Anfang März ist sie als Käuferin von Staatsanleihen aktiv. Die erste Zinserhöhung wird wohl ebenfalls im März erfolgen. Der Markt rechnet mit bis zu sieben Zinsanhebungen in diesem Jahr.

Doch der Zeitpunkt für die geldpolitische Trendwende ist zu spät. Anstatt die Inflationsrisiken im letzten Jahr zu adressieren, kommt das geldpolitische Instrumentarium der Fed nun dann zum Zug, wo die Inflationsraten allein im Jahresvergleich ein geringeres Gewicht erhalten. Auch von der Rohstoffseite nimmt der Preisdruck langsam ab, wie die negative Kursentwicklung beim Kupfer seit Jahresbeginn zeigt. Sinkt zudem der Ölpreis in den kommenden Monaten, dann hat dies einen deutlich negativen Effekt auf das Wachstum der Konsumentenpreise.

Vor allem für den US-Aktienmarkt könnte ein Bärenmarkt - bei mehr als 20 Prozent Kursverlust vom letzten Hoch - Tatsache werden und von Dauer sein. Den zu den makroökonomischen Gravitationskräften in Form von steigenden Zinsen, der Reduktion der US-Notenbankbilanz und der wohl sinkenden Inflation gesellt sich dann ein Gegenwind beim Wirtschaftswachstum. Gegenüber dem Jahr 2021 mit einem rekordhohen Plus von 6,9 Prozent sieht der Internationale Währungsfonds IWF für die USA dieses Jahr nur ein Wachstum von 4 Prozent vor.

Die IWF-Prognose ist vermutlich noch zu optimistisch. Einige Marktbeobachter gehen auch wegen der erwarteten Zinserhöhungen davon aus, dass sich das US-Wachstum im zweiten Quartal 2022 bei gut 2 Prozent einpendeln wird. Dies kommt beinahe einer "Vollbremsung" der US-Wirtschaft gleich und ist neben der geldpolitischen Trendwende einer der Hauptgründe, warum dem US-Aktienmarkt turbulente Monate bevorstehen.

Dies aus naheliegendem Grunde: Nimmt die konjunkturelle Dynamik deutlich ab, wird dies beim Gewinnwachstum vieler Unternehmen Bremsspuren hinterlassen. Gleichzeitig verlieren die erwarteten Gewinne von Morgen, die im Aktienkurs eingepreist sind, bei steigenden Zinsen an Wert - Stichwort Abdiskontierung. Dies ist wahrlich ein giftiger Cocktail für viele der hochbewerteten US-Titel.

Zudem sollten sich die Aktionäre in diesem Umfeld, wo der Fokus der US-Notenbank auf der Inflationsbekämpfung liegt, ebenso nicht auf den sogenannten "Fed Put" verlassen. Seit der Zeit von Ex-Fed-Chef Alan Greenspan kamen die US-Notenbanker dem US-Aktienmarkt angesichts grosser Verluste von mehr als 10 Prozent stets zur Hilfe. Dieses Kalkül gilt jetzt nicht mehr.

Greg Jensen, Anlagechef des weltgrössten Hedgefonds Bridgewater, geht sogar davon aus, dass die Fed erst dann reagieren würde, sollte der Markt substanziell unter das Niveau von vor der Pandemie fallen. Was bedeutet, dass der US-Technologieindex trotz einer Korrektur von bereits gut 9 Prozent nochmals 31 Prozent fallen könnte, ohne dass die US-Notenbank von ihrer restriktiven Haltung abkommt.

Die Hoffnung der Anlegerinnen und Anleger kann angesichts dieses Szenarios nur darin liegen: Die US-Notenbank realisiert im Sommer, dass die Inflationsgefahr nicht so gravierend ist und dass sie in eine wirtschaftliche Verlangsamung hinein die Zinsen erhöht und ihre Bilanz reduziert hat. Die Chance, dass der US-Aktienmarkt bis zur Besinnung der US-Notenbanker gegenüber heute signifikant tiefer steht, ist aber ziemlich gross.

"Buy the Dip" bleibt daher bis auf weiteres eine riskante Strategie. Dies gilt umso mehr für künstlich aufgeblähte Assets wie Kryptowährungen, Meme-Aktien oder Titel von Tech-Unternehmen ohne nennenswerten Gewinn. Der verlustreiche Januar bei den Bitcoin, Robinhood oder Nikola dieser Welt könnte erst der Vorgeschmack auf das Kommende sein.

ManuelBoeck
Manuel BoeckMehr erfahren