In Währungen mit niedrigen Zinsen wie dem japanischen Yen oder dem Schweizer Franken Geld aufnehmen und in Dollar anlegen. Laut Berechnungen von Bloomberg erzielt diese einfache Strategie nach Berücksichtigung der Volatilität höhere erwartete Renditen als jene europäischer Aktien oder anderer Märkte. Dies deutet darauf hin, dass der Dollar trotz der Unsicherheiten in diesem Jahr seine zentrale Rolle in weltweiten Portfolios behaupten wird.

Ein Bloomberg-Indikator für den Dollar zeigt zwar einen Rückgang von fast 7 Prozent in diesem Jahr – die schlechteste Performance seit acht Jahren –, allerdings hat sich die Währung seit ihrem Tief im September um rund 3 Prozent erholt, teilweise angetrieben durch den sogenannten Carry-Trade. «Der Dollar wird wieder zu einer der führenden Carry-Währungen gehören», sagt Yuxuan Tang, Strategin bei JPMorgan Private Bank in Hongkong. «Ob aus Richtungssicht oder Carry-Perspektive – es geht weiterhin um einen starken Dollar.»

Die erneute Attraktivität des Dollars hat weitreichende Auswirkungen auf die globalen Märkte. Carry-Trades können massive Kapitalflüsse auslösen, Vermögenswerte verschieben und die Stimmung von New York bis Singapur beeinflussen. Wenn Investoren günstig Geld leihen, um woanders höhere Renditen zu erzielen, verstärkt dies oft die Liquidität und treibt Rallyes bei riskanten Anlagen an, die sich bei steigender Volatilität schnell wieder umkehren können. Die Attraktivität des Dollar-Carry wurde zusätzlich durch einen Rückgang der Volatilität des Greenbacks gestützt, unter anderem weil ein längerer US-Regierungsstillstand die Preisschwankungen auf dem 9,6 Billionen Dollar schweren Devisenmarkt dämpfte. Dies verringert das Risiko für ausländische Investoren, die Dollar-Anlagen ohne Absicherung halten.

Börsenängste

Die wachsende Attraktivität des Carry-Trades fällt in eine Phase, in der Anleger Befürchtungen über das Ende der KI-getriebenen Rally an den globalen Aktienmärkten haben. Der S&P 500 ist seit April um mehr als ein Drittel gestiegen, während die Indizes in Europa und China ebenfalls stark zulegten. 

Die US-Aktienrisikoprämie, gemessen als Differenz zwischen der Ertragsrendite des S&P 500 und der 10-jährigen US-Staatsanleihe, ist inzwischen negativ. Auf risikoadjustierter Basis bieten US-Aktien demnach keine nennenswerten Renditen mehr, wenn Anleger sich kurzfristig finanzieren und auf Basis der Ertragsrendite rechnen. 

Ähnliche, wenn auch weniger extreme Verhältnisse gelten für andere Märkte: Anleger, die chinesische Aktien halten, würden im nächsten Monat nur 0,23 Prozent Rendite pro Volatilitätspunkt erzielen, gegenüber 0,54 Prozent beim risikoarmen Carry-Trade; für japanische Aktien fällt das Ergebnis noch schlechter aus.

Am Dienstag stieg der Bloomberg-Dollarindikator während des asiatischen Handels um etwa 0,1 Prozent, während die Aktienmärkte in der Region leicht nachgaben, trotz Anzeichen, dass der US-Regierungsstillstand bald endet.

Zinsrisiken

Natürlich ist der bullische Dollar-Carry-Trade nicht risikofrei. Ein plötzlicher Rückgang der kurzfristigen Zinsen könnte seinen Vorteil stark schmälern – etwa, falls die Fed schneller senkt als derzeit erwartet, was angesichts der unsicheren Wirtschaftsdaten keine Überraschung wäre. 

«Solange die Fed vorsichtig die Leitzinsen senkt, bleibt der Dollar ein attraktives Carry-Asset», sagt Jacky Tang, CIO für Schwellenländer bei Deutsche Bank. «Für das nächste Jahr besteht Unsicherheit, da sich die Geschwindigkeit der Zinssenkungen unter einem neuen Fed-Chef ändern könnte.»

Bloomberg-Strategen sehen den Trend ebenfalls: «Mit weiterhin breiten Renditeunterschieden und profitablen Finanzierungsstrategien ist der Carry-Trade wieder beliebt», so Nour Al Ali, Markets Live Strategist. Zwar können kurzfristige Aktienrenditen stark von den Ertragsrenditen abweichen, doch Anleger, die auf den Dollar-Carry setzen, haben gute Chancen, ihre Strategien auch 2026 fortzuführen.

Die US-Inflation von 3 Prozent im September, deutlich über dem Fed-Ziel von 2 Prozent, bleibt ein wichtiger Faktor. Fed-Mitglied Austan Goolsbee äusserte kürzlich Bedenken und betonte, zunächst weitere Daten abzuwarten, bevor er über sein Abstimmungsverhalten im Dezember entscheidet. Solange starke Daten anhalten, könnte ein langsamerer geldpolitischer Lockerungsprozess die Carry-Renditen auch ins nächste Jahr schützen. «Dollar-Carry-Trades bleiben attraktiv, solange das makroökonomische und finanzielle Umfeld stabil bleibt», sagt Aroop Chatterjee, Stratege bei Wells Fargo.

(Bloomberg)