Die Ratingagentur Fitch hat den USA überraschend die Spitzen-Bonität entzogen und damit heftige Reaktionen in Washington ausgelöst. An den Aktien- und Obligationenmärkten fiel die Reaktion dagegen verhalten aus - die Kursverluste an den Aktienmärkten lagen im Bereich von 1 bis 2 Prozent. Marktkommentatoren führten die Verluste jedoch mehr auf Gewinnmitnahmen denn auf den Entscheid der Ratingagentur zurück. Ganz im Gegensatz zu 2011, als die amerikanische Ratingagentur Standard & Poor's das Rating für US-Staatsanleihen gesenkt hatte. Damals legte der Goldpreis um 300 Dollar zu, während die Feinunze heute 2 Prozent tiefer notiert. Eine kräftige Korrektur bei den Aktienkursen blieb heute im Vergleich zu 2011 aus, von Unsicherheit kann nicht gesprochen werden. 

Paul Donovan, Chefökonom von UBS Global Wealth Management, meint in einem wie gewohnt markigen Kommentar, dass dies ein Non-Event sei. "Eine der Ratingagenturen (egal welche) hat die US-Regierung von etwas (egal was) auf etwas anderes herabgestuft. Die Märkte kümmern sich um die Haushaltslage der USA und die wiederholte Diskussion um die Schuldenobergrenze. Es ist ihnen egal, was Ratingagenturen zu diesem Thema denken."

So bleibt Mark Haefele, CIO von UBS Global Wealth Managment optimistisch, was Bondanlagen angeht. "Obwohl die USA mittlerweile über zwei AA+-Ratings verfügen, sind wir der Meinung, dass die jüngste Herabstufung keine neuen Finanzinformationen widerspiegelt und nur begrenzte Auswirkungen auf den Markt haben dürfte." Viele grosse Inhaber von Staatsanleihen, etwa Fonds und Index-Tracker, werden sich wahrscheinlich bereits auf den Schritt vorbereitet haben, um den Verkauf ihrer bestehenden Bestände nicht erzwingen zu müssen.

Die Nachfrage nach sicheren Häfen inmitten der Herabstufungsängste könnte kurzfristig auch kontraintuitiv die Staatsanleihen unterstützen, schreibt Haefele in einer Kundennotiz. "Im Grossen und Ganzen sehen wir für den Rest des Jahres weiterhin einen Rückgang der Renditen 10-jähriger Staatsanleihen, da sich sowohl die Inflation als auch das Wachstum verlangsamen." Das spricht für hochwertige Investment-Grade- und nachhaltige Anleihen, bei denen attraktive Gesamtrenditen und Potenzial vorhanden sind.

US-Staatsanleihen blieben auch nach der Herabstufung der AAA-Kreditbewertung durch Fitch Ratings der Eckpfeiler der Portfolios. Mit dieser Einschätzung ist die UBS nicht allein. "Da Staatsanleihen eine so wichtige Anlageklasse sind, beziehen sich die meisten Anlage- und Regulierungsvorschriften speziell auf diese und nicht auf Staatsanleihen mit AAA-Rating“, hält der Ökonome Alec Philips von Goldman Sachs gegenüber Bloomberg fest. "Wir glauben nicht, dass es nennenswerte Inhaber von Staatsanleihen gibt, die aufgrund einer Herabstufung zum Verkauf gezwungen sein werden.“

Diese Einschätzung spiegelte sich in den Marktbewegungen am Mittwoch wider, als kurzfristige Staatsanleihen im Preis gestiegen und somit die Renditen gesunken sind. Wenn man die USA ausser Acht lässt, steht den Anlegern ein begrenzter Pool an Staatsanleihen mit AAA-Rating zur Auswahl. Zu den Volkswirtschaften mit der höchsten Bonitätseinstufung bei S&P Global Ratings, Fitch und Moody’s Investors Service zählen Deutschland, Dänemark, die Niederlande, Schweden, die Schweiz und Norwegen.

Ob es mit den Renditen für US-Staatsanleihen wirklich wieder in den Keller geht, steht dagegen auf einem anderen Blatt. Der Ökonom Padhraic Garvey von der ING Bank ist dezidiert der Meinung, dass die langfristigen US-Renditen vorerst nicht sinken werden, auch wenn der Zinspeak in den USA mehr oder weniger erreicht ist. Dies ganz im Gegensatz zu früheren Wendepunkten, wo der Höhepunkt beim Leitzins mit sinkenden Renditen für langlaufende Bonds einherging.

Der ING-Ökonom begründet dies damit, dass die Forward Fed Funds per Ende 2024 leicht unter 4 Prozent stehen gegenüber den aktuellen Spanne 5,25 bis 5,50 Prozent - der Markt preist somit Zinssenkungen durch die amerikanische Notenbank Fed von 1,25 Prozentpunkte ein. Sollte sich die Zinskurve nun wie vom Markt erwartet verflachen, so besteht wenig Spielraum, dass die langfristigen Zinsen für US-Staatsanleihen nachhaltig unter das aktuelle Niveau von 4 Prozent sinken werden, erläutert Garvey seine Einschätzung.

Thomas Daniel Marti
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