Ein Kriegsausbruch oder ein aufflammender Zollstreit kann den Aktienmarkt vorübergehend ausbremsen. Die Verluste vom April infolge der Zollankündigung des amerikanischen Präsidenten Donald Trump sind ein Beispiel dafür. 

Doch die seither geschehene Erholung zeigt, dass die Börsen solche Ereignisse früher oder später abschütteln und wieder zulegen. Historisch betrachtet sind die Aktienmärkte über längere Zeiträume sogar mit bemerkenswerte Zuverlässigkeit gestiegen. Einer Untersuchung der Bank Pictet zufolge hätte niemand, der seit 1926 in Schweizer Aktien investiert hat, bei einem Horizont von mindestens 14 Jahren einen Verlust auf seine ursprüngliche Anlage erlitten. Für den gleichen Zeitraum - seit 1926 also - haben die Pictet-Experten zudem eine durchschnittliche nominale Jahresrendite von 7,7 Prozent auf Aktien errechnet.

Da stellt sich die Frage, was den Aktienmarkt über derart lange Zeiträume antreibt. Eine Antwort haben amerikanische Ökonomen gefunden, die Daten zum US-Aktienmarkt von 1989 bis 2017 ausgewertet haben.

Das Ergebnis: Tiefere Zinsen waren für 14 Prozent, niedrigere Risikoprämien für 21 Prozent und das Wirtschaftswachstum für 25 Prozent des Zuwachses verantwortlich. Rund 40 Prozent des Anstiegs konnten die Forscher mit einer Umverteilung der Gewinne von den Arbeitnehmern zu den Aktionären erklären.

Das Papier dokumentiere, dass der Aktienmarkt nicht nur deshalb stark gestiegen sei, weil die Wirtschaft wuchs oder sich die Risikopräferenzen änderten, sondern weil die Unternehmensgewinne anders verteilt worden seien, fasst Florian Weigert, Finanzprofessor der Universität Neuchâtel, den Befund seiner Berufskollegen zusammen.

Das Ganze ist nicht ohne eine gewisse Ironie. Denn in den 1980er-Jahren kam aus einer anderen Ecke der Vereinigten Staaten eine neue Strömung auf - das Stakeholder Management. Sie wurde wesentlich durch Edward Freeman, einem Professor für Philosophie und Betriebswirtschaft, geprägt. Seine Auffassung, die er 1984 in einem wegweisenden Buch darstellte, brachte er so auf den Punkt: Er denke, dass es für Unternehmen besser sei, wenn sie ihre Geschäfte im Interesse ihrer Stakeholder und nicht nur ihrer Aktionäre führen.

Nur ist die Abgrenzung zwischen den Anspruchsgruppen eines Unternehmens nicht immer klar. Aktionäre können auch Kunden und Mitarbeiter können auch Aktionäre sein. Das Technologieunternehmen Nvidia gibt hierzu ein Beispiel. Dessen Börsenwert ist in den vergangenen zehn Jahren geradezu explodiert. Im Sommer 2015 wurde die Aktie noch für 0,50 US-Dollar gehandelt. Aktuell kostet sie 173 Dollar.

Reich wurden dabei offenbar nicht nur der Firmenchef Jensen Huang und die Anleger, die über die gesamten Jahre hinweg dabei waren. In einem Kommentar, der im letzten Sommer erschien, schrieb die Helvetische Bank, Nvidia habe auch das Gros seiner Mitarbeiter durch üppige Gehälter, Provisionen und Aktienoptionen reich gemacht. «Wenn Sie 10 Leute von Nvidia kennen, dann weisen statistisch drei davon ein Vermögen von mehr als 20 Millionen US-Dollar auf.»

Reto Zanettin
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