Auch entlastete das WEF in einer zeitgleich veröffentlichten Mitteilung seinen Gründer Klaus Schwab sowie dessen Frau Hilde: Nach «gründlicher Prüfung aller Fakten» sei der Vorstand zum Schluss gekommen, dass sich die Organisation «zwar in Richtung eines institutionelleren Modells» entwickeln müsse, es aber «keine Beweise für ein wesentliches Fehlverhalten» von Schwab sowie seiner Frau gebe.
Ende April des laufenden Jahres hatte der WEF-Stiftungsrat eine externe Untersuchung gegen Schwab wegen möglicher Unregelmässigkeiten in der Amtsführung eingeleitet. Ausgelöst hatte diese ein anonymer Whistleblower-Brief.
In dem anonymen Schreiben an den Stiftungsrat hiess es laut dem «Wall Street Journal», dass es während Jahren zu systematischen Governance-Verfehlungen und zu Machtmissbrauch gekommen sei. Schwab und seine Ehefrau sollen demnach private Luxusreisen über das WEF abgerechnet und eine vom WEF erstandene Immobilie in Genf teils exklusiv privat genutzt haben.
Schwab wies die Vorwürfe umgehend als «bösartig» zurück. Mit der Untersuchung wurde laut dem WEF eine renommierte und unabhängige Anwaltskanzlei beauftragt.
Unentgeltliche Unterstützung während Jahrzehnten
Klaus und Hilde Schwab hätten das Forum seit über fünf Jahrzehnten unentgeltlich unterstützt, teilte das WEF am Freitagabend weiter mit. Und: «Geringfügige Unregelmässigkeiten, die darauf zurückzuführen sind, dass die Grenzen zwischen persönlichen Beiträgen und der Tätigkeit des Forums verschwimmen, zeugen eher von grossem Engagement als von der Absicht eines Fehlverhaltens».
Man bedauere «zutiefst die öffentliche Aufmerksamkeit, die dem Abschluss der Untersuchung vorausging, und den unangemessenen Druck, der dadurch auf Klaus und Hilde Schwab ausgeübt wurde», hiess es weiter.
Amtsführung soll gestärkt werden
Der Verwaltungsrat habe Massnahmen ergriffen, um alle im Laufe der Untersuchung festgestellten Probleme anzugehen. Dazu gehörten auch Massnahmen zur Stärkung der Amtsführung («Governance» in der Mitteilung) im Allgemeinen.
Der Verwaltungsrat habe weiter auch zur Kenntnis genommen, dass einige Mitarbeiter des Forums «in bestimmten Fällen die Ansicht geäussert haben, nicht zu ihrer Zufriedenheit behandelt worden zu sein». Der Verwaltungsrat nehme diese Angelegenheiten sehr ernst und bedauere zutiefst, dass es zu diesen Situationen gekommen sei.
Auch hier seien Massnahmen ergriffen und umgesetzt worden, die sicherstellten, «dass die Grundsätze der Integrität, des Respekts und des verantwortungsvollen Verhaltens auf allen Ebenen der Organisation strikt eingehalten werden».
Schwab nehme das Ergebnis zur Kenntnis, teilte sein Sprecher auf Anfrage der Nachrichtenagentur DPA mit. Er habe mit dem WEF eine Einigung getroffen, die die Beziehungen normalisiere «und den Weg für eine fruchtbare Zusammenarbeit in der Zukunft ebnet».
Er werde aber keine offizielle Funktion mehr ausüben. Schwab werde im September eine Kurzfassung seiner Memoiren veröffentlichen, ebenso wie das erste Buch einer geplanten Serie über die Auswirkungen der Künstlichen Intelligenz auf die Menschen.
Entscheidender Moment für das WEF
Dieser Moment markiere einen entscheidenden Übergang für das Weltwirtschaftsforum, teilte das WEF weiter mit. Das Kuratorium werde sich nun auf die Institutionalisierung des Forums als widerstandsfähige internationale Organisation für öffentlich-private Zusammenarbeit konzentrieren.
Dieses nächste Kapitel orientiere sich denn auch an der von Klaus Schwab entwickelten, ursprünglichen Mission für das WEF: Regierungen, Unternehmen und die Zivilgesellschaft zusammenzubringen, um den Zustand der Welt zu verbessern.
Zu diesem Zweck habe sich der Vorstand verpflichtet, die Führung des Forums weiter zu stärken, seine Kernwerte als unparteiische und vertrauenswürdige Plattform für globale Zusammenarbeit zu festigen und seine strategischen Bemühungen zu beschleunigen, um die Wirkung der globalen Zusammenarbeit für eine bessere Zukunft zu erhöhen.
In einem am Freitagabend auf der Website des WEF veröffentlichten Statements zeigten sich die beiden neuen Interimspräsidenten des WEF optimistisch: «Die Welt ist zersplitterter und komplexer denn je, aber der Bedarf an einer Plattform, die Unternehmen, Regierungen und die Zivilgesellschaft zusammenbringt, war noch nie so gross».
Sie glaubten, «dass das Forum als einzigartiger Katalysator für die Zusammenarbeit dienen kann, der das Vertrauen fördert, gemeinsame Ziele identifiziert und den Dialog in Aktionen umwandelt», wie Fink und Hoffmann weiter zitiert werden.
Das Forum habe die Möglichkeit, die internationale Zusammenarbeit «in einer Weise voranzutreiben, die nicht nur Wohlstand schafft, sondern ihn auch breiter verteilt». Diese erneuerte Vision könne offene Märkte und nationale Prioritäten Seite an Seite fördern und gleichzeitig die Interessen von Arbeitnehmern und Interessengruppen weltweit voranbringen.
(AWP)