Kollektive Erleichterung in der Schweiz: Der herbeigesehnte Zoll-Deal mit Donald Trump (79) ist da. Die Schweiz hat sich mit dem Weissen Haus in einer rechtlich unverbindlichen Absichtserklärung darauf geeinigt, dass der US-Strafzoll künftig 15 statt 39 Prozent beträgt. Die hiesige Wirtschaft zeigte sich in ersten Stellungnahmen erleichtert – mit einem Aber. «Aufatmen, aber keine Entwarnung», teilte etwa der Tech-Branchenverband Swissmem mit.

Es ist genau die Schweizer Wirtschaft, die massgeblich zum Deal mit den USA beigetragen hat. Einerseits war da die Gruppe von namhaften Wirtschaftsführern, die letzte Woche zu Trump ins Oval Office reisten und den US-Präsidenten wohl zum Umdenken bewegten – inklusive Rolex-Uhr und Goldbarren als präsidiale Präsente. Andererseits haben sich die hiesigen Unternehmen dazu verpflichtet, bis 2028 mindestens 200 Milliarden Dollar in den USA zu investieren. Knapp ein Drittel davon – konkret sind es 67 Milliarden Dollar – soll bereits nächstes Jahr getätigt werden, wie das Weisse Haus schreibt.

Roche und Novartis tragen Löwenanteil

Nun stellt sich die Frage: Welche Firmen stemmen diese 200 Milliarden? Eine vollständige Liste will der Bund nicht publik machen. Aber klar ist: Den Löwenanteil tragen die Pharma- und Lifescience-Unternehmen. Staatssekretärin Helene Budliger Artieda (60) nannte die konkrete Summe von 80 Milliarden, die von dieser Branche stammt. Praktisch alles davon entfällt auf die zwei Riesen Novartis und Roche. Die beiden Pharmakonzerne haben bereits Investitionen von total 73 Milliarden Dollar in den USA angekündigt – Roche 50 Milliarden und Novartis 23 Milliarden.

Das Weisse Haus brachte noch zwei weitere Namen ins Spiel: ABB und Stadler Rail. Der Technikkonzern mit Hauptsitz in Zürich profitiert von der Bauflut neuer KI-Rechenzentren in den USA – und will deshalb in Amerika weiter wachsen. Im laufenden Jahr hat ABB angekündigt, total 250 Millionen Dollar in den Ausbau der US-Standorte zu stecken. Weitere Investitionen dürften folgen. Und Peter Spuhlers (66) Zughersteller baut in Übersee kräftig aus, damit er in den USA öffentliche Grossaufträge gewinnen kann. Um für Zug- oder Trambestellungen berücksichtigt zu werden, müssen 70 Prozent der Produktion im Trump-Land passieren. Im März gab Stadler bekannt, das US-Werk in Salt Lake City für 70 Millionen Dollar zu erweitern.

Auch Traditionsfirmen investieren in den USA

Die von ABB und Stadler publik gemachten Summen sind einzeln betrachtet nur ein Tropfen auf den heissen Stein. Sie reichen bei weitem nicht aus, um die 200 Milliarden Dollar zu erreichen. Aber: Viele «kleine» Beträge ergeben zusammen doch einen hohen Wert. So dürfte es eine Vielzahl von KMU und mittelgrossen Exportunternehmen sein, die zusammen für einen wesentlichen Teil der Investitionen in den USA aufkommen. Die Amerikaner seien überrascht gewesen, wie viele Schweizer Firmen sich in den USA engagieren würden, unterstrich am Freitag auch Staatssekretärin Budliger Artieda.

Darunter sind bekannte Traditionsfirmen. Der Zältli-Hersteller Ricola will in den USA die Automatisierung in der Verpackung vorantreiben. Der Sackmesser-Produzent Victorinox prüft, ob er finale Arbeitsschritte in die US-Niederlassung verlagert. Und der Flugzeugbauer Pilatus, vom Bund konkret als Beispiel genannt, will die Produktion in den USA – etwa am Standort Colorado – «beschleunigt» ausbauen.

Was tun die sechs Wirtschaftslenker hinter dem Zoll-Coup?

Unklar ist, welche Rolle die sechs Firmen spielen, deren Chefs den grossen Coup im Weissen Haus gelandet haben. Die Luxusgüterkonzerne Rolex und Richemont, das Finanzinstitut Partners Group, der Schiffhandelsriesen MSC, der Rohstoffriese Mercuria und das Edelmetallunternehmen MKS wollen sich auf Anfrage von Blick alle nicht äussern.

Aber gerade der letztgenannte Konzern dürfte zentral sein. So haben die Goldexporte in den letzten Jahren massgeblich zum Handelsüberschuss mit den USA beigetragen. Das soll sich ändern: Der Bund hat bereits versprochen, dass künftig wohl vermehrt Gold in den USA weiterverarbeitet werde. All diese kleinen Puzzleteile ergeben dann ein grosses Ganzes, was Trump zum Einlenken gebracht hat – und nun den 39-Prozent-Zollhammer verschwinden lässt.

Michael Hotz
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