Seit Monaten zieht die Firma Ecopro aus Südkorea die Aufmerksamkeit der Investoren weltweit auf sich. Besser gesagt, es ist deren Aktie. Sie hat in diesem Jahr 919 Prozent zugelegt, zeitweise waren es mehr als 1000 Prozent. Es ist der grösste Zuwachs weltweit für ein Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von mindestens 10 Milliarden Dollar.

Der Titel ist nicht zuletzt bei nachhaltig orientierten Investoren hoch im Kurs. Das Unternehmen ist in der Batteriematerialherstellung tätig. Aber auch viele südkoreanische Kleinanleger haben sich auf den Titel gestürzt. Denn fast alles, was im Zusammenhang mit Komponenten und Material für Elektrofahrzeuge steht, wird an den Börsen in Asien heiss gehandelt.

Auch Ecopro BM, eine börsenkotierte Tochtergesellschaft, legte in diesem Jahr über 200 Prozent zu. Sie liefert die Kathoden für Lithium-Ionen-Batterien für Kunden wie Samsung.

Doch es gibt einen Wermutstropfen an der Erfolgsgeschichte. Der ehemalige CEO und Präsident von Ecopro, Lee Dong-chae, muss eine zweijährige Gefängnisstrafe wegen Verstosses gegen die Kapitalmarktgesetze des Landes absitzen. Zudem muss er eine Busse von umgerechnet 1,5 Millionen Franken zahlen.

Die Strafe erhielt Lee Dong-chae wegen Vorwürfen von Insiderhandel, die Lee immer bestritt. Der Oberste Gerichtshof Südkoreas hat letzten Monat sein Urteil bestätigt. Lee sitzt seit August im Gefängnis.

Lee trat im März 2022 als CEO zurück, nachdem ihm vorgeworfen wurde, dass mehrere Ecopro-Mitarbeiter, darunter Lee selber, Insiderhandel begangen hätten. In einer Erklärung des Obersten Gerichtshofs von Südkorea heisst es, dass Lee sein Konto unter einem anderen Namen sowie die Konten seiner Kinder für den Handel mit Ecopro BM-Aktien verwendet habe, dies auf Basis von nicht offengelegten Informationen über die Kathoden-Lieferverträge des Unternehmens in den Jahren 2020 und 2021.

Der 63-jährige Lee, der aus ärmlichen Verhältnissen aus der südöstlichen Hafenstadt Pohang stammt, zuvor als Buchhalter arbeitete und überdies erfolglos mit Pelzen handelte, gründete Ecopro bereits 1998, nachdem er sich vom Ziel des Kyoto-Protokolls von 1997 inspirieren liess. Ecopro konzentrierte sich zunächst auf die Herstellung umweltfreundlicher Produkte, bevor die Firma vor 20 Jahren auf die Entwicklung von Materialien für Elektrofahrzeugbatterien umstieg.

Wie immer bei solchen kometenhaften Anstiegen an den Börsen bestehen nun Bedenken, dass die Aktie bald einen deutlichen Einbruch erfahren könnte. Zwar wächst Ecopro deutlich. Im zweiten Quartal wurde der Umsatz um 64 Prozent gesteigert.

Doch der Kurs hat sich dermassen überproportional entwickelt, dass die Aktie nun ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 440 aufweist. “Es besteht eine grosse Diskrepanz zwischen dem aktuellen Preis und dem Wert des Unternehmens“, lässt sich Hyunsoo Kim, ein Analyst von Hana Financial Investment in Seoul, bei Bloomberg zitieren.

Lee blieb der grösste Aktionär von Ecopro und hält direkt und indirekt etwa 25 Prozent am Unternehmen. Der Aktienkursanstieg in diesem Jahr macht den Gefängnisaufenthalt für Lee erträglicher: Während gegen Lee ermittelt wurde, schwoll sein Vermögen laut Bloomberg von 4,5 auf rund 4,9 Milliarden Dollar an.

Daniel Hügli
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