Der 50-jährige John Ternus gilt als wahrscheinlichster Nachfolger von Apple-CEO Tim Cook, der im kommenden Jahr 65 wird und seit dem Rückzug von Chief Operating Officer Jeff Williams keinen klaren Stellvertreter mehr hat.

In den vergangenen zehn Jahren hat Apple trotz seiner Grösse eine bemerkenswerte Stabilität im Management bewahrt. Zwar gab es Abgänge – etwa von Designchef Jony Ive und Einzelhandelschefin Angela Ahrendts im Jahr 2019 – doch Cook konnte seine wichtigsten Führungskräfte weitgehend halten.

So trat Phil Schiller 2020 zwar als Marketingchef zurück, behielt aber die Aufsicht über den App Store und Produktpräsentationen. Luca Maestri blieb auch nach seinem Rücktritt als Finanzvorstand für Immobilien und Informationssysteme verantwortlich.

Diese Stabilität dürfte bald enden. Ein Generationenwechsel steht bevor, eingeleitet durch den Abgang von Jeff Williams, der im Juli seine operativen Aufgaben abgab und seinen Austritt vorbereitet. Damit hat Tim Cook, der Apple in eine fast vier Billionen Dollar schwere Firma verwandelt hat, keinen offensichtlichen Nachfolger.

Wie geht es also weiter? Cook dürfte dem Unternehmen nach seinem Rücktritt voraussichtlich als Aufsichtsratsvorsitzender verbunden bleiben – ein Weg, den auch Jeff Bezos (Amazon), Larry Ellison (Oracle), Bill Gates (Microsoft) und Reed Hastings (Netflix) eingeschlagen haben. Eine solche Kontinuität könnte sich insbesondere während der laufenden Amtszeit Trumps als wertvoll erweisen.

Die entscheidende Frage lautet, wer Apple künftig führen wird. Kurzfristig könnten COO Sabih Khan und Retail-Chefin Deirdre O’Brien das operative Geschäft übernehmen. Langfristig gilt jedoch John Ternus, Leiter der Hardwareentwicklung, als Favorit.

Ternus ist mit 50 Jahren in einem ähnlichen Alter wie Cook bei dessen Amtsantritt und könnte Apple über ein Jahrzehnt oder länger prägen – ein Vorteil gegenüber anderen Führungskräften, die kurz vor dem Ruhestand stehen.

Apple braucht nach Einschätzung von Beobachtern einen Technologen an der Spitze. Zwar ist der Konzern unter Cook in Umsatz und Produktbreite stark gewachsen – das iPhone 17 findet weiter grossen Zuspruch –, doch in zentralen Zukunftsfeldern bleibt Apple zurück.

Während Apple mit seinen selbst entwickelten Chips grosse Erfolge feiert, hat das Unternehmen in Bereichen wie Mixed Reality, generativer KI, Smart Home und autonomen Fahrzeugen Rückschläge erlitten. Das könnte den Aufsichtsrat dazu veranlassen, sich für einen produktorientierten Ingenieur wie Ternus zu entscheiden – auch wenn er intern nicht als jemand gilt, der grosse Wetten eingeht.

Ternus gilt als charismatischer und pragmatischer Ingenieur, der intern hohes Ansehen geniesst. Cook vertraut ihm und überträgt ihm zunehmend Verantwortung für Produktstrategien und Designentscheidungen, wodurch er seinen Einfluss weit über die Hardwareentwicklung hinaus ausbaut.

In den vergangenen Monaten hat Apple begonnen, Ternus gezielt öffentlich zu positionieren. Er stellte das iPhone Air — das erste grössere iPhone-Design-Update seit Jahren — vor und war in zahlreichen Interviews präsent.

Schon vor seiner Beförderung zum Senior Vice President im Jahr 2021 war Ternus ein bekanntes Gesicht bei Apple, etwa bei der Präsentation neuer Macs und iPads. Sein Einfluss innerhalb des Unternehmens hat seither weiter zugenommen.

Beim Verkaufsstart der iPhone-17-Reihe im vergangenen Monat begrüsste Ternus persönlich Kunden im Apple Store an der Regent Street in London – eine Rolle, die zuvor Cook am New Yorker Standort übernommen hatte.

Während Cook weiterhin aktiv bleibt – zuletzt auf einer mehrwöchigen Tour durch die USA, Grossbritannien und Japan – gilt intern als sicher, dass Ternus langfristig als Nachfolger aufgebaut wird.

Zudem zeichnen sich weitere Veränderungen im Unternehmen ab. Die Zukunft von KI-Chef John Giannandrea ist seit Jahren ungewiss, nachdem seine Abteilung mit Apple Intelligence und einer geplanten Siri-Überarbeitung in Schwierigkeiten geraten war. Er hat sich bislang im Amt gehalten, aber Kompetenzen eingebüsst.

Mike Rockwell, Schöpfer des Mixed-Reality-Headsets «Vision Pro» und derzeit für Siri zuständig, galt zeitweise als möglicher Nachfolger Giannandreas – dieses Szenario gilt inzwischen als unwahrscheinlich. Apple soll externe Kandidaten prüfen, um Giannandrea langfristig zu ersetzen.

Zu den möglichen Kandidaten zählt ein ranghoher KI-Manager von Meta Platforms, nachdem das Unternehmen seine KI-Sparte restrukturiert und die neue Einheit Superintelligence Labs gegründet hat. Diese Veränderungen könnten Abgänge begünstigen, die Apple für sich nutzen möchte.

Noch ist offen, wie Apples Rekrutierungsprozess ausgeht und wie lange Giannandrea im Amt bleibt. Klar ist jedoch, dass der Konzern seine KI-Kompetenz deutlich ausbauen muss – möglicherweise durch Übernahmen oder organisatorische Umbauten, da es intern keinen klaren Nachfolger gibt.

Auch Johny Srouji, Leiter der Hardware-Technologien, könnte Apple bald verlassen. Seine Abteilung verantwortet die A- und M-Chips sowie den ersten hausintern entwickelten Mobilfunkmodem- und WLAN/Bluetooth-Chip.

Srouji soll seine Zukunft abwägen, hat aber noch keine Entscheidung getroffen. Mögliche Nachfolger sind Zongjian Chen, Leiter der Modementwicklung, und Sri Santhanam, zuständig für Prozessoren.

Eine weitere Führungskraft, die über den Rücktritt nachdenkt, ist Lisa Jackson, ehemalige Chefin der US-Umweltbehörde EPA, die 2013 zu Apple kam und seither die Bereiche Nachhaltigkeit, Regierungsbeziehungen und soziale Verantwortung leitet.

Die Demokratin, die in der Obama-Regierung diente, hält sich während der zweiten Amtszeit von Präsident Donald Trump im Hintergrund. Ihre Stellvertreter übernehmen inzwischen die meisten Kontakte zu Regierungsstellen.

(Bloomberg/cash)