Nach der Talfahrt des Dollar gegenüber dem Franken von 0,94 auf 0,89 hat sich die US-Valuta in den letzten drei Wochen stabilisieren können. Strategen gehen allerdings davon aus, dass die Talfahrt in den nächsten Wochen wieder an Fahrt gewinnen könnte, weil bei der Diskussion um die US-Schuldenobergrenze vorerst keine Lösung in Sicht ist. Die amerikanische Finanzministerin Janet Yellen hatte vor Wochenfrist gewarnt, dass den US-Behörden schon Anfang Juni das Geld ausgehen werde. Der Tag, an dem die Zahlungsunfähigkeit der USA eintreten könnte, wird als sogenanntes X-Datum bezeichnet. 

Die ING Bank schreibt in einem Kommentar, dass die Unsicherheiten um den Dollar weiter zunehmen werden. Dieser dürfte empfindlich gegenüber eingehenden Nachrichten in Bezug auf die Schuldenobergrenze, den Bankenturbulenzen, dem potenziellen wirtschaftlichen Abschwung sowie der noch offenen Entwicklung bei den US-Zinsen reagieren. Die US-Notenbank Fed hat vor Wochenfrist bei den Zinserhöhungen eine Pause angekündigt. Die Märkte erwarten nun, dass die ersten Leitzinssenkung um 68 Basispunkte bereits in diesem Jahr erfolgen könnte.

Ganz anders sieht die Situation in der Schweiz aus. Die wirtschaftlichen Aussichten sind gut, die Teuerung ist im Rückwärtsgang - und die noch anstehende Leitzinserhöhung der Schweizerischen Nationalbank (SNB) dürften dem Franken weiter Auftrieb geben. Zudem profitiert der Franken davon, dass die Schweizer Währung als sicherer Hafen gesucht bleibt. 

Thomas Stucki, Anlagechef der St. Galler Kantonalbank meint, dass "ein starker Franken die importierte Inflation auch jetzt noch dämpft, da Importgüter - insbesondere Rohstoffe - billiger werden. Die Wirkung darf aber nicht überschätzt werden, da zunehmend auch inlandorientierte Produkte und Dienstleistungen teurer werden." Bei den inlandorientierten Preisen geht Maxime Botteron von der Credit Suisse davon aus, dass die Teuerung hartnäckig bleiben dürfte. Er erwartet deshalb, dass die SNB kräftig an der Zinsschraube drehen wird und den Leitzins im Juni um 0,50 auf 2,00 Prozent und im September um weitere 0,25 auf 2,25 Prozent anheben dürfte. Stucki geht indessen nur noch von einem Zinsschritt um 0,50 Prozent auf 2,00 Prozent an der Juni-Sitzung aus.  

Ein Blick auf die Kernteuerung zeigt, wieso diese wesentliche Kennzahl für den Schweizer Franken spricht. Sowohl im Euroraum als auch in den USA lag die Rate im April knapp unter oder über 5 Prozent mit steigender Tendenz, während sich die Kernrate in der Schweiz bei 2,20 Prozent stabilisiert hat. Stucki erwartet, dass diese langsam weiter absinken wird. Für die Schweiz wird sie sich gemäss Stucki mittelfristig im Bereich von 1,00 Prozent bis 1,50 Prozent einpendeln. Damit läge die Kernrate deutlich unter den Werten in den USA und der Eurozone, wo ein weniger schneller Rückgang der Kerninflation erwartet wird.

Kein Wunder deshalb, hat sich auch der Euro zum Franken nach dem Hoch Anfang Januar über der Parität bei 1,01 Franken wieder auf 0,978 Franken verbilligt. 

Devisenverkäufe der Nationalbank bleiben ein wichtiger Faktor

Einen nicht unwesentlichen Teil zur Frankenstärke hat die Nationalbank beigetragen, seit sie begonnen hat, die enorm hohen Devisenreserven zu reduzieren. Die befragten Ökonomen gehen davon aus, dass die Schweizer Währungshüter auch in den kommenden Monaten bestrebt sein werden, die Währungspositionen weiter abzubauen. Die Zürcher Kantonalbank (ZKB) betont dabei, dass "die SNB zur Zeit die einmalige Möglichkeit hat, ihre Bilanz zu reduzieren und dadurch auch dämpfend auf die Inflation zu wirken. Devisenverkäufe eröffnen zudem der SNB die Möglichkeit, den einen oder anderen Zinsschritt weniger tätigen zu müssen." Dies ist auch für die SNB nicht unerheblich, belasten doch Zinserhöhungen das eigene Geschäftsergebnis, da die Sichtguthaben der Geschäftsbanken abgestuft verzinst werden. Die Devisenverkäufe dürften also vorerst noch anhalten und der Franken somit an Stärke zulegen, so die ZKB.

Der Vorstufenpreisdruck hat enorm abgenommen und dämpft die Kostenentwicklung der Unternehmen, meint Alexander Koch, Ökonom bei der Raiffeisen Schweiz. "Hier hilft eben zusätzlich auch der stärkere Franken, der wohl teilweise auch weiterhin den Devisenverkäufen der SNB zu verdanken ist." Die SNB dürfte den Franken zwar nicht aggressiv stärken, aber sie trägt mindestens dazu bei, den möglichen Abwertungsdruck auf den Franken beispielsweise über Erwartungen stärkerer Zinserhöhungen der EZB abzufangen." Daraus lässt sich ableiten, dass sich der Franken nicht nur gegenüber dem Dollar, sondern auch gegenüber dem Euro aufwerten könnte.

Nationalbank hat vieles richtig gemacht

Das Vertrauen der Anlegerinnen und Anleger in die Schweizer Notenbank war stark angekratzt, als die Inflationsraten letztes Jahr durch die Decke geschossen war. Die Kritik dürfte allerdings verfrüht gewesen sein. Stucki meint, dass die SNB in den letzten Monaten vieles richtig gemacht hat. "Dazu gehört, dass sie den ersten Zinsschritt bereits im letzten Juni und damit vor der EZB gemacht hat. Ebenso wichtig war, dass sie mit grossen Zinsschritten von 0,75 Prozent und 0,50 Prozent rasch ein gewisses Zinsniveau angepeilt hat." Die SNB hat rückwirkend betrachtet die Dynamik der Inflationszunahme unterschätzt. Das Tempo der Nachfragesteigerung nach Corona war aber auch einmalig und schwierig vorherzusehen, da schlichtweg die Erfahrungswerte fehlten, ergänzt Stucki.

Es macht den Eindruck, dass die Nationalbank den Rank gefunden hat, um die Inflation einzudämmen. Das Abflauen der Unsicherheiten nach der Zwangsfusion von UBS und Credit Suisse im März sollte es der SNB auch ermöglichen, nun etwas leichter ihre geldpolitischen Ziele zu kommunizieren. Dieses grössere Vertrauen in die hiesige Geldpolitik dürfte dem Franken weiter Aufwind gegenüber dem Dollar und Euro geben.

Für Schnäppchenjäger könnte sich zudem Japan-Ferien aufdrängen, nach dem der Yen gegenüber dem Franken in den letzten vier Jahren mehr als 30 Prozent an Wert verloren hat. Der Yen notiert zum Franken mit 151,15 zudem noch 4 Prozent unter dem Allzeithoch aus dem Jahre 1979.