Angesichts der überraschend geringen Teuerungsrate in der Schweiz im Januar hat sich die am Swap-Markt eingepreiste Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung der Schweizerischen Nationalbank (SNB) um 25 Basispunkte bei der nächsten Zentralbanksitzung seit Freitag auf mehr als 50 Prozent verdoppelt.

Die Inflation in der Schweiz fiel im Januar auf 1,3 von 1,7 Prozent im Dezember, wie das Bundesamt für Statistik mitteilte. Der starke Rückgang ist eine grosse Überraschung. Ökonomen hatten vor der Veröffentlichung der Daten mit Januar-Werten zwischen 1,5 und 2,2 Prozent gerechnet. Die Inflation in den USA ist zu Jahresbeginn dagegen nicht so stark gefallen wie erwartet. 

Die Folgen an den Devisenmärkten waren deutlich: Der Schweizer Franken fiel am Dienstag mit dem Durchbruch der Grenze von 95 Rappen auf ein Zweimonatstief zum Euro. Mit einer Notierung bis gegen 89 Rappen fiel die Schweizer Währung gar auf ein Dreimonatstief zum Dollar. Die Faustregel dabei: Währungsräume mit einem tiefen Zinsniveau sind für Investoren grundsätzlich weniger attraktiv als Devisen, die höher verzinst werden.

Die Inflationszahlen der Schweizer haben Strategen und Anleger aufgeschreckt: "Die Binneninflation dürfte im März deutlich unter den Prognosen der SNB liegen", sagt Simon Harvey, Leiter der Devisenanalyse bei Monex Europe. "Angesichts der ebenfalls schwachen Konjunktur in der Eurozone erwarten wir, dass die SNB die Zinsen senken wird, um den Massnahmen der Europäischen Zentralbank im zweiten Quartal zuvorzukommen und sich gegen importierte Deflation abzusichern."

Händler halten es für möglich, dass sowohl die Federal Reserve als auch die Europäische Zentralbank mit ihren ersten Zinssenkungen bis Juni warten. Die Schweizerische Nationalbank hat im Dezember ein Ende ihrer Straffungsmassnahmen signalisiert. Dabei verwies das SNB-Direktorium unter der Leitung von Präsident Thomas Jordan darauf, dass die Teuerung unter die 2-Prozent-Marke gesunken sei.

«Marktpreise unterschätzen derzeit das Risiko einer SNB-Massnahme im März»

Die wachsende Wahrscheinlichkeit einer vorzeitigen Senkung veranlasste Hedgefonds bereist in der vergangenen Woche dazu, den Franken zu verkaufen. Zunehmende Anzeichen einer nachlassenden Inflation schürten auch Spekulationen über Frankenverkäufe durch die SNB zur Abwehr des Risikos einer importierten Deflation.

Die letzte Woche veröffentlichten SNB-Daten deuteten bereits darauf hin, dass die Zentralbank möglicherweise Frankenbestände abgestoßen hat, nachdem sie im Dezember angekündigt hatte, sich nicht mehr nur auf Devisenkäufe zu konzentrieren. Monex-Analyst Harvey sagte, die SNB werde wahrscheinlich mit Frankenverkäufen intervenieren, wenn der Euro unter 0,9450 fällt und im Vorfeld der Zinsentscheidung am 21. März dort verharrt.

"Die Marktpreise unterschätzen derzeit das Risiko einer SNB-Massnahme im März”, sagte Sebastian Petric, Leiter der Devisenanalyse der LGT Bank Schweiz in Zürich. 

Andere Experten sehen dagegen keine frühe Zins-Reaktion der SNB. Das UBS Chief Investment Office Global Wealth Management senkt zwar die Inflationsprognosen für das Gesamtjahr 2024 von bisher 1,6 Prozent auf 1,4 Prozent, Wie die Bank in einer Mitteilung am Dienstag schreibt.

Inflationsrisiken aufgrund des erneuten Anstiegs des Referenzzinssatzes, der Erhöhung der Mehrwertsteuer und den geopolitischen Turbulenzen bestünden jedoch weiterhin. "Deshalb wäre eine Zinssenkung der Schweizerischen Nationalbank im März verfrüht." Die Inflationsüberraschung im Januar habe aber die Tür für eine Zinssenkung im Juni weiter aufgestossen. Die Bank erwartet in diesem Jahr weiterhin drei Zinssenkungen der SNB, nämlich im Juni, im September und im Dezember auf ein Niveau von 1 Prozent.

(Bloomberg/cash)