Die Aufwertung des Schweizer Frankens, welche in den letzten Monaten zu beobachten war, hat sich in den letzten Tagen leicht ins Gegenteil gedreht. Zuletzt erreichte der Euro gegen den Franken einen Stand von bis 0,9646. Das ist mehr als zwei Rappen Differenz zum Rekordhoch von 0,9434 vor drei Wochen. Auch gegen den US-Dollar notiert die Schweizer Währung derzeit mit knapp 0,90 schwächer als Mitte Oktober.

Das ändert nichts an der Tatsache, dass Schweizer Währung in diesem Jahr wieder einmal die beste Performance unter den grössten Währungen weltweit hat: Gegen den Euro ist der Franken 3 Prozent gestiegen, 2 Prozent sind es zum US-Dollar.

Dennoch wurden viele Investoren und Firmen von der Frankenstärke auf dem falschen Fuss erwischt. Der Telecom-Konzern Swisscom etwa hatte bislang für den seinem Umsatz mit einem Eurokurs von 1 Franken gerechnet. "Das hat sich nicht bewahrheitet", sagte Swisscom-Finanzchef Eugen Stermetz letzte Woche anlässlich der Bekanntgabe der Drittquartalszahlen.

Neueinschätzung des Frankens kostet Swisscom 50 Millionen Franken Umsatz

Neu geht Swisscom von einem Wechselkurs von 0,98 Franken zum Euro aus. Die Neueinschätzung koste Swisscom 50 Millionen Franken Umsatz, so Stermetz. Was die Frage aufwirft, ob diese neue Wechselkurs-Annahme adäquat ist.

Denn am Markt macht sich punkto Schweizer Franken eine gewisse Verunsicherung und Vorahnung einer weiteren Aufwertung breit. Diese äussert in der Aussage von Samuel Zief, Leiter der globalen Devisenstrategie bei J.P. Morgan Private Bank: "Mein Mantra lautet seit langem: Wetten Sie nicht gegen den Schweizer Franken", sagte Zief zu Bloomberg.

Frontseite der «Financial Times» am Tag nach der Aufhebung der Franken-Untergrenze durch die Nationalbank im Januar 2015.

Frontseite der «Financial Times» am Tag nach der Aufhebung der Franken-Untergrenze durch die Nationalbank im Januar 2015.

Quelle: cash

Die Verunsicherung rührt auch daher, dass die Schweizerische Nationalbank, welche den Franken seit Jahren mit Devisenkäufen und -verkäufen in die vor ihr gewünschte Bahnen zu lenken versucht. vor allem im angelsächsischen Raum einen Ruf als unberechenbare Zentralbank erworben hat. Das ist vor allem auf die Einführung und insbesondere die schockartige Aufhebung des Mindestkurses zum Euro 2015 zurückzuführen. Die kürzlich erfolgte Ankündigung zur Senkung der Verzinsung der sogenannten Sichtguthaben von Banken bei der SNB zementierte ihren Ruf.

Die SNB hat mit dem Verkauf von ausländischen Devisen den Franken in diesem Jahr stark gemacht hat. Das Ziel ist dabei, die Inflation in der Schweiz tief zu halten. Das ist den Währungshütern gelungen, die Teuerung verharrte in der Schweiz im Oktober bei 1,7 Prozent. Als einige der wenigen Zentralbanken der Welt hat die SNB die Teuerung wieder unter die selbst definierte Zielmarke gebracht.  

Aufgewertet hat sich der Franken zuletzt auch wegen seiner Beliebtheit als Zufluchtsort in Zeiten von Krisen und politisch bedingten Schocks. Eine mögliche Ausweitung der kriegerischen Auseinandersetzung in Nahost auf andere Staaten ist denn auch der Grund, weshalb Anlagestrategen dazu raten, Investments im Schweizer Franken nicht aufzugeben.

"Wir haben Kunden mit Engagement in der Schweiz gesagt, dass sie Long-Positionen in Franken einhalten sollen", sagt Zief von J.P. Morgan Private Bank.

Fairer Wert von 90 Rappen gegenüber dem Euro

Viele Ökonomen und Devisenstrategen haben unter dem Eindruck der Frankenaufwertung und einer bedrohlichen Eskalation im Nahost-Krieg ihre Schätzungen revidiert. Selbst Andreas König hat seine Meinung angepasst. Der Leiter des globalen Währungsmanagements beim Vermögensverwalter Amundi hält den Franken eigentlich für überbewertet.

"Aber es wäre falsch, die Währung in der aktuellen Situation zu untergewichten“, sagte König zu Bloomberg. Er schliesst nicht aus, dass der Franken gegenüber dem Euro auf 0,92 ansteigen wird, sollte der Nahost-Konflikt eskalieren und auch andere Länder einbeziehen.

Chefökonom Thomas Gitzel von der VP Bank sieht den fairen Wert derzeit sogar bei rund 90 Rappen gegenüber dem Euro - "was wiederum nicht heisst, dass diese Niveaus bereits morgen auf den Kurstafeln zu sehen sein werden," wie Gitzel kürzlich im Interview mit cash.ch sagte. Es zeige vielmehr, dass beim Franken auf mittlere Sicht mit weiteren Aufwertungen gerechnet werden sollte.

Das Research der Schwyzer Kantonalbank geht zwar davon aus, dass die SNB ab dem 1. Quartal 2024 wieder stärker am Devisenmarkt intervenieren wird und den Franken damit schwächen will. Dennoch sieht die Bank den Euro in zwölf Monaten bei bloss noch 0,93 Franken. Gegen den Dollar wird ein Niveau von 0,87 Franken geschätzt.

Daniel Hügli
Daniel HügliMehr erfahren