Whatsapp ohne WLAN, SIM-Karte oder Handynummer – das verspricht die App Bitchat. Dahinter steht kein Unbekannter: Jack Dorsey, Mitgründer und langjähriger Chef von Twitter, hat das Projekt am Wochenende überraschend vorgestellt.
Die Idee: Menschen sollen auch dann chatten können, wenn das Internet ausfällt – etwa bei Protesten, Naturkatastrophen oder in Regionen mit Netzsperren. Bitchat nutzt dafür Bluetooth-Mesh-Netzwerke. Das bedeutet: Handys in der Nähe verbinden sich direkt, leiten Nachrichten von Gerät zu Gerät weiter, ohne zentrale Server, wie es bei anderen Apps üblich ist.
Bitchat: So funktioniert die App
Der Messenger ist derzeit nur als Testversion für iPhones verfügbar. Kurz nach dem Start war die Kapazität mit 10'000 Nutzern bereits erreicht. Weitere Interessierte müssen warten oder den offenen Quellcode auf Github einsehen, den Jack Dorsey veröffentlicht hat.
Technisch ist die App dezentral und voll verschlüsselt aufgebaut. Nutzerinnen und Nutzer können privat miteinander oder in Gruppen chatten. Nachrichten verschwinden nach kurzer Zeit und bleiben nur vorübergehend lokal auf den Geräten gespeichert. Um Rückschlüsse auf einzelne Personen oder ihr Verhalten zu erschweren, verschickt Bitchat sogenannte Dummy-Nachrichten, also leere Datenpakete, und verzögert manche Übertragungen absichtlich.
Der Nachteil: Bluetooth reicht je nach Umgebung nur 10 bis 100 Meter weit. Wer ausserhalb dieser Reichweite kommunizieren will, kann auf Brücken-Geräte hoffen. Diese verbinden mehrere Handys und erweitern so die Reichweite. Mindestens ein Gerät muss jedoch immer in der Nähe sein. Künftig soll WiFi hinzukommen, um die Übertragung schneller und stabiler zu machen.
Dorsey will spielen
Jack Dorsey sieht Bitchat als Experiment. Er wolle mit Technologien und offener Protokollarchitektur spielen, schrieb er auf X (ehemals Twitter). Das Konzept ist nicht neu: Apps wie Firechat, bekannt durch die Proteste in Hongkong 2014, oder Bridgefy, Briar und Session setzen ebenfalls auf die Peer-to-Peer-Kommunikation. Doch bisher scheiterten viele an komplizierter Einrichtung und geringer Reichweite.
Ob Bitchat das ändert, bleibt abzuwarten. Sicher ist: Die Nachfrage nach solch netzunabhängiger Kommunikation wächst, nicht nur aus technischer Neugier, sondern auch als Reaktion auf staatliche Kontrolle und die Macht grosser Konzerne.
Dieser Artikel ist zuerst bei Blick.ch erschienen.
3 Kommentare
Tolle Idee, wobei WiFi statt Bluetooth wohl eine bessere Abdeckung bieten würde. Der Haken - es funktioniert nur, wenn viele mitmachen und ist wohl eher für lokale Kommunikation gedacht. Ein Versuch wert.
Knüpft am Konzept von Bitcoin an. Scheinbar beseht Bedarf... Sehr gut
Funktioniert also nur da, wo viele, oder gar sehr viele Menschen zusammen sind, da Bluetooth (Handys haben normalerweise Klasse 2 bis ca. 10 Meter) ja nur auf kurze Entfernungen funktioniert.
Und da es nur gebraucht wird, wenn die üblichen WLAN- und Mobilfunknetze ausfallen, wird sich das kaum durchsetzen.
Und wenn man es dann doch mal brauchen könnte, hat man die App nicht und kann sie wegen dem nicht vorhandenen Netz auch nicht mehr runterladen.
Ich lehne mich aus dem Fenster: Die App wird ein Flop.