Der Wirbelsturm "Idalia", der laut Vorhersage im Verlauf des Mittwoch auf die Küste Floridas treffen soll, könnte eine Hurrikan-Saison einläuten, die stärker ausfällt als von Meteorologen im Frühjahr erwartet. Experten zufolge liegt das daran, dass die Temperatur der Meeresoberfläche weltweit ausserordentlich hoch ist. Die Temperaturen in und um die Florida Keys ähneln mit teilweise mehr als 30 Grad Celsius denen eines Whirlpools. Wissenschaftler sagen, dies könnte dem derzeit herrschenden Wetterphänomen El Nino entgegenwirken, das typischerweise die Hurrikanaktivität im Atlantik verringert. Experten sehen Hinweise darauf, dass die Zerstörungskraft der Wirbelstürme zunimmt - angefeuert nicht zuletzt vom Klimawandel.
Wirkt sich der Klimawandel auf die Hurrikane aus?
Der Klimawandel macht Hurrikane feuchter, stärker und insgesamt intensiver. Es gibt Hinweise darauf, dass sich Stürme langsamer ausbreiten und damit die Regenmenge, die über einem Gebiet niedergeht, steigt. Während der atlantischen Hurrikansaison 2020 – einer der aktivsten seit Beginn der Aufzeichnungen – erhöhten sich die stündlichen Niederschlagsraten bei Stürmen mit Hurrikanstärke um acht bis elf Prozent, wie aus einer Studie in der Zeitschrift Nature Communications vom April 2022 hervorgeht.
Die Erde hat sich bereits um 1,1 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Durchschnitt erwärmt. Wissenschaftler der US-amerikanischen National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) gehen davon aus, dass die Stärke der Hurrikane bei einer Erwärmung um zwei Grad um bis zu zehn Prozent zunehmen könnte. NOAA prognostiziert auch, dass der Anteil der Hurrikane, die die höchste Intensität erreichen – Kategorie 4 oder 5 – in diesem Jahrhundert um etwa zehn Prozent steigen könnte. Bisher haben seit 1851 weniger als ein Fünftel der Stürme diese Intensität erreicht.
Weitere Auswirkungen des Klimawandels auf Stürme
Die Klimaerwärmung sorgt Experten zufolge dafür, dass mehr Regionen von starken Wirbelstürmen getroffen werden könnten. In den USA ist Florida bislang laut NOAA mit mehr als 120 direkten Treffern seit 1851 am meisten von Hurrikanen betroffen. In den letzten Jahren erreichten jedoch einige Stürme ihre höchste Intensität und trafen weiter nördlich auf Land – die Verschiebung könnte mit steigenden globalen Luft- und Meerestemperaturen zusammenhängen, sagen Wissenschaftler.
Dieser Trend sei besorgniserregend für Städte wie New York, Boston, Peking und Tokio, wo die Infrastruktur nicht auf solche Stürme vorbereitet sei, sagt die Forscherin Allison Wing von der Florida State University. Obwohl etwa Hurrikan Sandy nur ein Sturm der Kategorie 1 war, war er der viertteuerste US-Hurrikan aller Zeiten. Er verursachte Schäden in Höhe von 81 Milliarden Dollar, als er 2012 die Nordostküste traf.
Was den Zeitpunkt betrifft, so ist die Hurrikanaktivität in Nordamerika von Juni bis November üblich und erreicht ihren Höhepunkt im September. Laut einer im August in Nature Communications veröffentlichten Studie treffen die ersten grossen Stürme, die die USA erreichen, nun jedoch mehr als drei Wochen früher als im Jahr 1900 auf Land, wodurch der Beginn der Saison in den Mai verschoben wird.
Der gleiche Trend scheint sich weltweit im Golf von Bengalen in Asien abzuzeichnen, wo sich laut einer Studie in Scientific Reports vom November 2021 seit 2013 früher als üblich – im April und Mai – Zyklone bilden.
Es ist jedoch unklar, ob der Klimawandel Auswirkungen auf die Anzahl der Hurrikane hat, die jedes Jahr entstehen. Laut einer im Dezember in Nature Communications veröffentlichten Studie berichtete ein Wissenschaftlerteam kürzlich über einen Anstieg der Häufigkeit von Hurrikans im Nordatlantik in den letzten 150 Jahren. Aber die Forschung ist noch im Gange.
Zyklon, Taifun, Hurrikan - Was ist der Unterschied?
Technisch gesehen handelt es sich um dasselbe Phänomen: Gleichwohl erhalten grossen Stürme unterschiedliche Namen, je nachdem, wo und wie sie entstanden sind. Stürme, die sich über dem Atlantischen Ozean oder dem zentralen und östlichen Nordpazifik bilden, werden bei mindestens 119 Stundenkilometern Hurrikan genannt. In Ostasien werden wirbelnde Stürme, die sich über dem Nordwestpazifik bilden, "Taifune" genannt, während sie über dem Indischen Ozean und dem Südpazifik "Zyklone" heissen.
(Reuters)