Die politische Krise in Italien wirbelt die Finanzmärkte durcheinander. Obwohl die Koalition aus der Fünf-Sterne-Bewegung und rechtspopulistischen Lega am Freitag vereidigt wurde, ist die Gefahr von Neuwahlen noch immer nicht beseitigt. 

Kommt es zu Neuwahlen, könnte die Koalition aus Fünf-Sterne-Bewegung und Lega ihren Stimmenanteil wohl noch erhöhen. Dies hat am Devisenmarkt den Euro seit Monatsbeginn in der Spitze um rund fünf US-Cent auf ein Zehn-Monats-Tief von gut 1,15 Dollar gedrückt.

An der Mailänder Börse warfen Anleger Aktien im hohen Bogen aus ihren Depots, so dass der Leitindex im Mai rund zehn Prozent verlor. Am Rentenmarkt führte der Ausverkauf bei den Staatsanleihen dazu, dass sich die Renditen im zehnjährigen Bereich in den vergangenen drei Wochen fast verdoppelten: Sie steigen bis auf knapp 3,4 Prozent - der höchste Stand seit 2014.

Damit wächst der Druck auf das Land, womöglich mit unabsehbaren Folgen für die Euro-Zone. Investoren schauen deshalb verstärkt auf die Europäische Zentralbank (EZB) und ihre Eingriffsmöglichkeiten. Ein Überblick:

Helfen die aktuellen Anleihenkäufe der EZB Italien?

Analysten zufolge droht Italien vorerst keine Schuldenkrise - auch dank der Euro-Notenbank. "Denn die EZB hat die Zinsen am Anleihenmarkt so weit gedrückt, dass die Zinslast des italienischen Staates auch bei höheren Risikoaufschlägen noch ein paar Jahre sinken wird", glaubt Commerzbank-Experte Ralph Solveen.

Selbst wenn die Rendite zehnjähriger italienischer Papiere auf Niveaus um die sechs Prozent wie zur Zeit der Staatsschuldenkrise steigen sollte, werfe dies den Haushalt kaum aus der Bahn. Die Zinsausgaben im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt würden in den nächsten fünf Jahren nur wenig zunehmen. Erst 2030 wären sie so hoch wie in den Jahren vor der Staatsschuldenkrise von 2012, so der Commerzbank-Experte.

Welche zusätzlichen Instrumente hat die EZB, die sie im Notfall einsetzen könnte?

Sollten die Renditeaufschläge bei italienischen Staatsanleihen dennoch in extreme Höhen steigen, hat die EZB ein scharfes Schwert in der Hintergrund - das sogenannte OMT-Programm. Es steht für "Outright Monetary Transactions", direkte geldpolitische Geschäfte. Mit dem Programm können gezielt Staatsanleihen von kriselnden Euro-Ländern gekauft werden, um die Renditeaufschläge zu drücken. Die Transaktionen müssen im Voraus nicht begrenzt werden. OMT ist bislang noch nie zum Einsatz gekommen.

Hat die EZB überhaupt den Willen zu handeln?

Im Juli 2012 hatte EZB-Chef Mario Draghi mit wenigen Worten die Euro-Krise entscheidend entschärft. Damals hatte er in einer Rede in London versprochen, die EZB werde tun, was immer nötig sei, um den Euro zu verteidigen. Dieses Versprechen steht weiterhin. Das noch im selben Jahr beschlossene OMT-Programm kann als eine Umsetzung dieses Versprechens gewertet werden. In Deutschland war die EZB-Strategie, im Notfall unbegrenzt Anleihen von Krisenländern zu erwerben, stets umstritten. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann war im September 2012 das einzige Mitglied im EZB-Rat, das gegen den Beschluss für das OMT-Programm stimmte.

Was sind die Voraussetzungen, damit die EZB das Programm einsetzen kann?

Der gezielte Kauf von Staatsanleihen eines Landes im Rahmen von OMT ist allerdings an strikte Bedingungen geknüpft. Zentrale Voraussetzung ist, dass sich die Regierung des betroffenen Landes unter den Euro-Rettungsschirm ESM begibt. ESM-Hilfen wie etwa vorsorgliche Kreditlinien sind stets mit Auflagen verbunden - oft also einem schmerzhaften Reformprozess. Das birgt grossen Zündstoff. Denn die 5 Sterne und Lega haben ihre Popularität auch dadurch gewonnen, dass sie Italien vom "Diktat Brüssels" befreien wollen.

Der scheidende EZB-Vize Vitor Constancio wies unlängst in einem Interview darauf hin, dass OMT an eindeutige Bedingungen geknüpft ist. Das Programm könne nur genutzt werden, wenn das entsprechende Land auch einen Anpassungsprozess einleite, sagte er "Spiegel Online". Italien kenne die Regeln. "Sie sollten diese vielleicht noch einmal genau lesen."

(Reuters/cash)