Seit dem späten Freitagabend steht fest: Der Sensorenhersteller AMS kann Osram vorerst selbst beim nachgebesserten Angebot von 41 (zuvor 37,50) Euro je Aktie in bar nicht übernehmen. Die Aktionäre dienten dem Unternehmen aus Unterpremstätten nur 51,6 Prozent ihrer Titel an, die knapp 20 Prozent miteinberechnet, welche AMS zuvor über den offenen Markt aufkaufte. 62,5 Prozent wären nötig gewesen.

Eigenen Angaben zufolge will AMS am Osram-Paket festhalten und neue Wege finden, um die Übernahme doch noch vollziehen zu können. Je länger der Übernahmeprozess allerdings dauert und je komplizierter oder teurer er wird, desto schwerer dürfte es AMS fallen, Aktionärswerte zu schaffen.

Drei unterschiedliche Szenarien

Dieser Meinung ist auch die britische Barclays. Berechnungen der Grossbank zufolge hat der Sensorenhersteller Osram-Aktien in Gegenwert von rund 800 Millionen Euro in den Büchern. Zur Finanzierung dieses Pakets musste zumindest teilweise der Überbrückungskredit für die Übernahme herhalten. Das macht das Unternehmen anfällig, sollte der Kurs der Osram-Aktie fallen.

Wie Barclays weiter schreibt, stehen AMS nun mehrere Möglichkeiten offen: Sollte der Sensorenhersteller von den Behörden grünes Licht erhalten, weitere Osram-Aktien zu kaufen, könnte er seine Beteiligung auf 30 Prozent ausbauen. Das wiederum würde ein Pflichtangebot an die Aktionäre nach sich ziehen. AMS stünde es dann offen, das ursprüngliche Übernahmeangebot von 41 Euro je Aktie in bar zu erhöhen oder die bei 62,5 Prozent liegende Andienungsschwelle zu senken.

Doch auch einen erneuten Anlauf mit einem höheren Übernahmeangebot hält die Grossbank für möglich. AMS wäre dann aber auf die Mithilfe von Osram angewiesen, darf der Sensorenhersteller von Gesetzes wegen in den nächsten 12 Monaten keinen neuen Übernahmeversuch mehr starten. Nur Osram selber kann diese Restriktion aufheben, sofern dies im Sinne der Aktionäre ist.

Verkommt die AMS-Aktie zum Spielball von Spekulanten?

Im ungünstigsten Fall bleibt AMS auf Monate hinaus auf dem Osram-Paket sitzen und den Launen der Börse ausgesetzt. Wie Barclays vorrechnet, würde AMS ein Kursrücksetzer der Osram-Aktie auf 35 Euro rund 100 Millionen Euro oder 1,30 Franken je AMS-Aktie kosten. Gleichzeitig zahlt das Unternehmen auf dem benutzten Überbrückungskredit einen Jahreszins von 3,5 Prozent.

Wie Händler ergänzen, könnten die Aktien von Osram und AMS dann zum Spielball von Spekulanten - etwa von Leerverkäufern - werden. Zuerst werden für die AMS-Aktie jedoch höhere Kurse erwartet, ist die 1,5 Milliarden Euro schwere Kapitalerhöhung zumindest fürs Erste doch vom Tisch.

Die geplante Kapitalerhöhung wäre wohl nicht ohne negative Folgen für die Aktienkursentwicklung geblieben. Ausserdem verweist man bei Vontobel auf die hohe Skepsis der Anleger hinsichtlich der Übernahmepläne. Angesichts der industriellen und finanziellen Logik würde die Zürcher Bank eine Übernahme von Osram jedoch weiterhin begrüssen. Sie empfiehlt die AMS-Aktie mit einem Kursziel von 64 Franken zum Kauf.

Aktie gibt vorbörsliche Kursavancen teilweise preis

Auch Hauck & Aufhäuser hält nach den Entwicklungen von Freitagabend an der Kaufempfehlung fest und veranschlagt gar ein Kursziel von 85 Franken. Die Hamburger Privatbank rät Anlegern nun nach vorn zu schauen und sich bei AMS auf das Tagesgeschäft zu konzentrieren. Hauck & Aufhäuser rechnet mit einem starken dritten Quartal und einer möglichen Erhöhung der Zielvorgaben für das wichtige Weihnachts-Quartal.

Nachdem vorbörslich für die AMS-Aktie um bis zu 7 Prozent höhere Kurse gestellt wurden, fällt die Aktie ins Minus. Zur Stunde verliert sie noch 4,4 Prozent auf 42,80 Franken. Die Tagestiefstkurse liegen gar bei 42,16 Franken. Mit einem Kursplus von rund 85 Prozent seit Jahresbeginn zählt die AMS-Aktie dennoch zu den diesjährigen Gewinnern am Schweizer Aktienmarkt.