Das Vergleichen und Verhandeln von Hypotheken erhält durch den diesjährigen Zinsanstieg eine neue Brisanz. Denn der bei einer Refinanzierung oder einem Immobilienkauf anfallende Zinskosten-Schock kann bei der richtigen Vorgehensweise abgefedert werden. Wer in einem ersten Schritt im Internet die so genannten Schaufensterpreise für Hypotheken vergleicht, ist auf dem richtigen Weg. Allerdings haben diese Richtzinsen oft wenig mit den effektiv anfallenden Zinskosten zu tun. 

Vergibt ein Finanzierungsinstitut eine Hypothek, geht es damit ein Risiko ein. Der Hypothekarnehmer könnte beispielsweise aufgrund von Arbeitslosigkeit die Zinsen nicht mehr bezahlen. Das Kreditrating jedes Einzelnen bestimmt daher, wie viel er schlussendlich für eine Hypothek bezahlen muss. "Man muss für die Bank ein möglichst kleines Risiko darstellen und dies dann möglichst gut verkaufen," erklärt Finanzexperte Florian Schubiger von Hypotheke.ch gegenüber cash.ch.

Tragbarkeit als wichtigster Faktor

Hypothekenexperten betonen daher immer wieder, dass Hypothekarnehmer die Zinskosten durch das Vergleichen und Verhandeln zu ihren Gunsten beeinflussen können. "Es geht um viel Geld", sagt Schubiger. Bei einer Hypothek von 800'000 Franken bedeuten 0,1 Prozentpunkte tiefere Zinsen über zehn Jahre eine Ersparnis von 8000 Franken. "Wichtig ist, dass man weiss, was man will, und strukturiert vorgeht."

Bevor Offerten eingeholt werden, sollte in einem ersten Schritt das vom Kreditgeber berechnete Kreditrating optimiert werden. Die Belehnung, die Tragbarkeit und die Hypothekarhöhe beeinflussen dieses positiv oder negativ. "Mit einer hohen Hypothek, bei einer tiefen Belehnung und einer guten Tragbarkeit bekommt man Top-Zinsen. Sobald ein Kriterium nicht mehr so gut ist, gehen die angebotenen Zinsen bei vielen Anbietern hoch," führt Schubiger aus.

Am wichtigsten von den Dreien ist die Tragbarkeit. Diese gibt an, wie hoch die kalkulatorischen Gesamtwohnkosten im Verhältnis zum Einkommen eines Immobilienbesitzers sind. Bis zu einer Tragbarkeit von knapp 30 Prozent steigen die Zinsen nur leicht an. Danach werden die Angebote deutlich teurer und spärlicher.

Das Alter spielt dabei grundsätzlich keine Rolle. Doch ab dem 55. Altersjahr berücksichtigen Banken oftmals auch das Einkommen nach der Pensionierung. Daher kann es vorkommen, dass ein 55-jähriger einen schlechteren Zins erhält als ein Jahr zuvor. "Es ist ein Geheimtipp. Je nach Ausgangslage sollte eine Hypothek so geplant sein, dass diese vor dem Erreichen des 55. Altersjahrs ausläuft," streicht Schubiger hervor.

Belehnung kann stark beeinflusst werden

Die Belehnung ist der zweitwichtigste Faktor. Diese gibt an, wie hoch die Hypothek im Verhältnis zum Immobilienwert ist. Bis zu einer Belehnung von 60 Prozent steigen die Zinsen kaum an, danach aber deutlich. Dabei muss man auch beachten, dass eine höhere Belehnung durch eine höhere Hypothek automatisch auch eine schlechtere Tragbarkeit zur Folge hat und umgekehrt.

Die Belehnung kann senken, wer mehr Eigenmittel einsetzt, amortisiert oder die 3. Säule als Sicherheit gibt. "Wenn man durch eine Verpfändung 0,1 oder 0,2 Prozentpunkte weniger zahlen muss, würde ich dies machen," sagt Schubiger. Auch eine möglichst hohe Bewertung der Liegenschaft vermindert die Belehnung. "Beim Kreditrating sollte man nicht nur sich gut verkaufen, sondern auch die Immobilie", so Schubiger. Die eingereichten Fotos sollten wie bei einer Bewerbung die Qualität der Liegenschaft herausstreichen und die Bewertung steigern.

Es gibt aber auch Situationen, wo die Belehnung schon sehr tief ist, aber wegen eines geringen Einkommens ein Problem bei der Tragbarkeit besteht. Dort macht es wiederum Sinn, wenn die Bewertung für die Immobilie tiefer ausfällt. Dies, da ein höherer Immobilienwert die kalkulierten Unterhaltskosten steigert und so die Tragbarkeit unvorteilhaft beeinflusst.

Am wenigsten ins Gewicht fällt bei den meisten Kreditgebern die Gesamthöhe der Hypothek - gibt es mehrere Hypotheken, werden diese zusammengefasst. Etwa ab einer Hypothekarsumme von 400'000 Franken beginnen die Zinsen zu fallen. Grössere Abschläge gibt es bei Hypotheken ab etwa 700'000 Franken. Die Zinsen fallen bei höheren Hypotheken aber nur, wenn die anderen Parameter wie beispielsweise die Tragbarkeit gleich bleiben.

Vorsicht bei Zusatzgeschäften und Rabatten

Nach der Optimierung des Kreditratings ist es wichtig, dass von den verschiedenen Anbietern (Banken, Pensionskassen und Versicherungen) Offerten eingeholt und diese dann verglichen werden. Ein strukturiertes Vorgehen bedeutet dabei, dass man die notwendigen Angaben vorgängig bei den Anbietern einreicht und dann ein Angebot auf den gleichen Tag verlangt.

Zusatzgeschäfte wie den Transfer eines Wertschriftendepots an eine Bank sollten Immobilienbesitzer erst am Schluss in die Verhandlung einbringen. Ansonsten bleibt unbekannt, wie stark dies die Zinskosten beeinflusst. Doch schlussendlich weiss nur die Bank, wieviel sie dadurch verdient. "Die Bank gibt nur einen besseren Zinssatz, wenn sie es an einem anderen Ort wieder herausholt," warnt Schubiger.

"Bei einem Rabatt für eine Minergie- oder Ökohypothek wäre ich vorsichtig," sagt Schubiger. Die meisten Banken hätten zu hohe Zinsen im Internet ausgeschrieben, um Rabatte geben zu können. Es sei vielmehr ein psychologischer Kniff, um den Verhandlungswillen zu hemmen. Dies gelte auch für den Verheirateten-Rabatt. Oftmals stossen Interessenten im Internet auch auf sogenannte Starthypotheken mit geringeren Zinssätzen. Das sind wiederum Lockvogelangebote, da bei einer Verlängerung diese Vergünstigung oftmals nicht mehr anfallen.

Trotz Rabatten oder Lockvogelangeboten: Wie jemand finanziell dasteht, ist entscheidend wichtig, wenn sie oder er ein Haus oder eine Wohnung finanzieren will. Je besser die Ausgangslage ist, desto leichter lässt sich ein tieferer Hypothekarzins aushandeln.

ManuelBoeck
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