Die Schweizerische Nationalbank dürfte die Leitzinsen an der nächsten Sitzung vom 23. September unverändert belassen. Dies geht aus einer Umfrage der Nachrichtenagentur Bloomberg hervor. Auffallend: Die angelsächsischen und europäischen Experten erwarten eher eine Leitzinssenkung, während die Ökonomen aus der Schweiz einen unveränderten Leitzins sehen. Mittelfristig ist ein grosser Rutsch nicht ausgeschlossen.
Die 23 von Bloomberg befragten Analysten erwarten im Schnitt keine Leitzinssenkung von der SNB an ihrer nächsten Sitzung. Die Konsensschätzung liegt bei minus 0,08 Prozent und somit deutlich näher bei 0 als minus 0,25 Prozent. Dieses leicht negative Niveau signalisiert, dass eine Leitzinssenkung zwar nicht ganz ausgeschlossen werden kann, aber vom Markt eher als unwahrscheinlich eingepreist wird. Das bestätigt auch ein Blick auf die Swap-Sätze, welche seit zwei Monaten am kurzen Ende bei minus 0,10 Prozent verharren.
Ob Goldman Sachs, Bloomberg Economics, ING Bank oder Nomura: Die internationalen Investmentbanken sehen die SNB weiterhin unter Zugzwang und führen vor allem den starken Franken und die tiefe Inflation als Argument an. Deshalb sei eine Zinssenkung per Ende September zu erwarten. Auf der anderen Seite sind die Schweizer Ökonomen trotz der Konjunkturrisiken durch die US-Zölle zurückhaltender geworden und sehen im September keinen Handlungsbedarf.
UBS-Experte Botteron sieht keinen Bedarf für Leitzinssenkung der SNB
Die SNB habe wenig Spielraum, Zolleffekte geldpolitisch auszugleichen, meint Maxime Botteron, Ökonom der UBS, gegenüber cash.ch. Eine Zinssenkung würde den Leitzins in den negativen Bereich drücken, doch negative Zinsen beeinflussen vor allem den Wechselkurs. Die Erfahrung zeigt, dass negative Zinsen zwar den Aufwertungsdruck verringern können, aber in der Regel nicht zu einer nachhaltigen Frankenabwertung führen. Zum jetzigen Zeitpunkt sieht der UBS-Experte Botteron deshalb keinen Bedarf für eine Leitzinssenkung.
Dieser Ansicht ist auch Karsten Junius, Chefökonom von J. Safra Sarasin, der sowohl von der Europäischen Zentralbank (EZB) als auch von den hiesigen Währungshüter im September keine Zinssenkung erwartet. Der Experte von J. Safra Sarasin sieht aber für die Schweiz in den kommenden Monaten erhebliche Arbeitsplatzverluste als so gut wie sicher an, sollte der US-Zollschock nicht rasch gelöst werden.
Infolgedessen ist die Wahrscheinlichkeit negativer SNB-Leitzinsen gestiegen, so der Chefökonom von J. Safra Sarasin weiter. Er ergänzt: «Kommt es wegen der hohen Zölle tatsächlich zu einem disinflationären Schock, dann ändert sich das Bild. Sollten die US-Zölle längerfristig auf dem hohen Niveau von 39 Prozent verharren, so wäre die SNB im Dezember gezwungen, den Leitzins gleich um 50 Basispunkte zu senken. Eine kleine Zinssenkung von 25 Basispunkten würde nichts bringen». In seinem Basisszenario geht Junius von J. Safra Sarasin allerdings nach wie vor davon aus, dass es die Zollthematik zwischen den USA und der Schweiz entschärft werden kann die SNB deshalb den Leitzins konstant halten kann.
Rendite der Bundesobligationen dürfte weiter sinken
Seit dem Zollhammer am 7. August haben sich die Renditen für 10-jährige Bundesobligationen auf 0,22 von 0,38 Prozent verbilligt. Am vergangenen Freitag fielen diese zwischenzeitlich gar auf 0,18 Prozent - das war der tiefste Stand seit vier Monaten. Der Jahrestiefstkurs wurde im März bei 0,16 Prozent erreicht.
Die Renditen von Schweizer Staatsanleihen dürften weiter sinken, meint Nannette Hechler-Fayd’herbe, Head of Investment Strategy bei Lombard Odier in Zürich. Sie erwartet ebenso wie die meisten Ökonomen keine Zinssenkung durch die SNB und sieht den Leitzins bei 0 Prozent. Zugleich könnten die Märkte aber die kurz- bis mittelfristige Renditekurve für Schweizer Staatsanleihen weiter in den negativen Bereich drücken. Die Prognose der Expertin von Lombard Odier auf zwölf Monate für die Rendite zehnjähriger Bundesobligationen liegt bei 0,15 Prozent.
Wenig begeistert über ein weiteres Absinken der Renditen für Bundesobligationen dürften die Pensionskassen sein, zumal die kurzfristigeren Papiere mit Laufzeiten von zwei bis fünf Jahren bereits negative Renditen ausweisen. Die Pensionskassen und Vorsorgestiftungen sind ein gewichtiger Investor, da diese aus dem Sicherheitsaspekt nicht um diese erstklassigen Obligationen herumkommen.
Gerade bei Pensionskassen, wo sich die Überalterung wegen der vielen Pensionierten bemerkbar macht, können nur so sicherstellen, auch in Zukunft ihren Verpflichtungen aus der Liquiditätsperspektive nachzukommen.
(Bloomberg)