Eigentlich sollte sich Urs Hugentobler (Name von der Red. geändert) freuen. Am 25. Juli tritt er mit seiner Familie seinen wohlverdienten zweiwöchigen Urlaub an. Doch das Ziel heisst Hurghada, Rotes Meer, Ägypten. Ferien-Vorfreude will sich bei ihm deshalb kaum einstellen.
"So richtig wohl ist es mir nicht mehr", sagt Hugentobler. Er verfolgt die Berichterstattung über Ägypten in den Medien genau - und hat sich bei seinem Reiseveranstalter schon wegen möglicher Umbuchungen und Stornierungen erkundigt.
Hugentoblers Sorgen sind nicht unberechtigt. Der Standpunkt, dass die Ferienorte am Roten Meer bislang als sicher im Gegensatz zu Kairo und anderen ägyptischen Städten galten, wird etwas aufgeweicht. So wird das deutsche Auswärtige Amt in seiner Einschätzung der Lage immer vorsichtiger. Erstmals forderte das Ministerium diese Woche die Urlauber in den Badeorten am Roten Meer zu erhöhter Wachsamkeit auf.
Auf eine solche verschärfte Formulierung hat man beim Pendant in der Schweiz, beim Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA), bislang verzichtet. Beim EDA heisst es zum Thema Ägypten: "Reisen nach Ägypten sollten auf die Badeorte am Roten Meer beschränkt werden. Von Touristen- und anderen nicht dringenden Reisen in die übrigen Landesteile wird abgeraten."
Gelassene Reaktionen
Übertreiben es die Deutschen mit ihrer Vorsichtswarnung für die Badeorte am Roten Meer? cash befragte dazu die drei grossen Reiseanbieter der Schweiz. "Die Einschätzung der Lage am Roten Meer ist in England, Deutschland oder der Schweiz etwa gleich", beruhigt Tui-Suisse-Sprecher Roland Schmid. "Die Schweiz ist vielleicht etwas weniger explizit bei der Formulierung der Reisehinweise als etwa die Deutschen".
Auch Kuoni beurteilt die Situation einigermassen gelassen. "Reisende können problemlos Ferien am Roten Meer verbringen", sagt der Kommunikationsverantwortliche Peter Brun. An den Ferienorten am Roten Meer sei es bisher nicht zu Demonstrationen oder aussergewöhnlichen Ereignissen gekommen, die Infrastruktur funktioniere. Grundsätzlich gelte aber erhöhte Aufmerksamkeit für alle Reiseziele in Ländern mit politischen oder sozialen Demonstrationen, so Brun. Zur Zeit sei die Lage am Roten Meer wie bis anhin ruhig, sagt auch Anja Dobes, stellvertretende Mediensprecherin bei Hotelplan Suisse.
Die ägyptische Armee hatte den islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi letzte Woche gestürzt und versucht, eine Übergangsregierung einzusetzen. Das scheitete jedoch am Widerstand einer radikal-islamistischen Partei. Das Land rutschte in eine von gewaltsamen Auseinandersetzungen begleitete Staatskrise ab. Beobachter sehen Ägypten nun am Rand eines Bürgerkrieges.
Tiefere Buchungszahlen für Herbstferien
Derzeit befinden sich relativ wenige Schweizer Urlauber in Ägypten. Bei Hotelplan sind etwa 300 Kunden am Roten Meer, bei Kuoni sind es aktuell 190 Ägypten-Reisende. Kurzfristige Umbuchungen oder Stornierungen gab es bislang kaum, betonen die Reiseveranstalter unisono. Schweizer reisen am liebsten nach Ägypten, wenn hierzulande die Temperaturen kühl und das Wetter unbeständig ist, also im Frühling und im Herbst.
Die ungewisse Lage und die Bilder von gewalttätigen Auseinandersetzungen in Ägypten sind potenzielles Gift für Buchungen für den Herbst. Laut Tui-Sprecher Schmid sind die Buchungen für Ägypten-Reisende letzte Woche im tiefen zweistelligen Prozent-Bereich eingebrochen. Für die Periode Mai bis Ende Oktober liegt man bei Tui aber noch immer im zweistelligen Plus gegenüber dem Vorjahr.
Genauer wird Anja Dobes von Hotelplan: Der Buchungsstand für die Herbstferien liege aktuell im tiefen zweistelligen Minusbereich gegenüber dem Vorjahr. Hier spiele aber sicherlich auch der Trend zu sehr kurzfristigen Buchungen eine Rolle, so Dobes. Kuoni-Sprecher Peter Brun sagt denn auch, dass die wichtige Buchungszeit für den Herbst und den Winter erst ab September beginne.
Würden Sie in diesem Sommer Ferien am Roten Meer verbringen? Machen Sie mit an der cash-Online-Umfrage.