Wenn ein Unternehmen den Aktionären eine Freude bereiten will, richtet es eine stattliche Dividende aus. Auch Aktienrückkaufprogramme führen dazu, dass die Anteilseigner wohlig brummen: Sie stehen im Ruf, den Kurs zu treiben. Er führt zudem in der Regel zur Gewinnverdichtung, indem die Vernichtung der zurückgekauften Aktien das Verhältnis Gewinn zu Aktie verbessert. Ausserdem lässt das Management mit dem Vorgehen erkennen, dass es sich bezüglich finanzieller Stabilität des Unternehmens ziemlich sicher ist.

Der Versicherer Bâloise hat Anfang 2015 die Absicht bekannt gegeben, bis zu einer Million Aktien zurückkaufen zu wollen. Bis Ende Februar hatte der Konzern für 69 Millionen Franken 600'000 Aktien zurückgekauft. Kombiniert mit einer Dividendenrendite von knapp 5 Prozent und 50 Prozent Ausschüttungsquote erscheint dies für den Aktionär zunächst attraktiv. Kurstreibend war das Agieren des Versicherers hingegen nicht: Innert Jahresfrist ist der Bâloise-Kurs um 7,5 Prozent gesunken. Ein höheres Verhältnis Gewinn zu Aktie heisst nicht zwangsläufig, dass der Kurs steigt.

Volle Kassen

Im Moment sieht es nicht danach aus, dass die Lust am Aktienrückkauf in der Schweiz nachlässt. Firmenleitungen greifen zu diesem Mittel, wenn ihnen kein anderer Einsatz für das Geld einfällt, und mit den Tiefzinsen sind lukrative Anlagemöglichkeiten schon lange eingeschränkt. Für Versicherer wie Bâloise sind etwa Zukäufe im In- und Ausland ein schwieriges Thema: An Möglichkeiten fehlt es, und gerade die Basler haben mit Auslandstöchtern etwa in Belgien oder Kroatien und Serbien zwischendurch auch negative Erfahrungen gemacht.

Für einen Aktienrückkauf braucht es Eigenkapital: Wenn dieses sinkt, können sich auch die Gesamtkapitalkosten reduzieren, womit der Firmenwert steigt. Bei einem Versicherer kommt hinzu, dass vom Eigenkapital die Solvenzquote abhängt, also die anrechenbaren Mittel zur Deckung der Versicherten-Ansprüche.

Die Bâloise-Gruppe gilt diesbezüglich als sehr solvent, aber sinkende Eigenmittel werden - bei allen Unternehmen - immer als Risiko gesehen, weil sie den Handlungsspielraum der Firmen einschränken. Zudem bedeutet das Rückführen von Geld an die Aktionäre auch, dass Mittel nicht anderweitig benützt werden. Die Ausgaben für den Rückkauf bei der Bâloise sind so gesehen noch relativ moderat. Die Unternehmen im Standard & Poor’s 500 Index haben Berechnungen zufolge 2014 sage und schreibe 95 Prozent ihres Gewinns in Aktienrückkäufe und Dividenden gesteckt. Die Höhe der Investitionen zog dabei deutlich weniger an.

Firmen agieren flexibel

Aktienrückkaufprogramme sind auch bei der Swiss Re immer wieder ein Thema. Sollte es nicht zu unerwartet hohen Belastungen durch Naturkatastrophen kommen, will der Rückversicherer auch 2016 bis zu eine Milliarde Franken für ein "share buyback" aufwenden. Dies zusätzlich zu einem Programm über eine Milliarde, das seit November läuft. Der Rückversicherer sitzt auf einem sehr dicken Eigenkapitalpolster, verfügt über eine hohe Solvenzquote und kann sich dies daher leisten. Dem Aktienkurs half es aber insofern nicht, als dass er 9 Prozent tiefer liegt als vor einem Jahr. 

Das Vorgehen der Swiss Re zeigt aber ein weiters Merkmal der rückkaufwilligen Konzerne: Sie halten sich die Optionen offen. Ein Aktienrückkaufprogramm kann jederzeit abgebrochen werden, während Dividendenzahlungen und -erhöhungen zu definitiven Abflüssen führen. Ein weiterer Versicherer, Zurich, kam im Februar in die Kritik, weil er trotz abgeschwächter operativer Leistung die hohe Dividende von 17 Franken pro Aktie mit einer attraktiven Dividendenrendite von über 8 Prozent beibehielt.

Von Aktienrückkäufen wurde bei Zurich in den vergangenen Monaten ebenfalls gesprochen. Es ist nicht auszuschliessen, dass das Management auf diese Weise versuchen wird, den Kurs der Aktie, der innert Jahresfrist um 36,5 Prozent gesunken ist, zu pflegen. Darauf verlassen, dass der gebeutelte Kurs allein deswegen steigt, sollten sich Anleger allerdings nicht.

Stabilisierende Wirkung möglich

Daneben gibt es aber auch Beispiele, dass ein Aktienrückkaufprogramm Schlimmeres verhindert. Beim SMI-Schwergewicht Novartis ist der Kurs unter Druck: Vordergründig, weil die mögliche nächste US-Präsidentin Hillary Clinton mit einer Senkung der Medikamentenpreise droht, generell aber auch, weil beim Pharmakonzern derzeit nicht alles so rund läuft. Allein seit Jahresanfang tendieren die Valoren um 17 Prozent tiefer. Ohne Aktienrückkäufe auf der zweiten, nicht-öffentlichen Handelslinie, hört man am Markt, würde die Situation der Novartis-Aktie aber noch schlechter aussehen.

So umstritten die Wirkung von Aktienrückkäufen ist, lässt sich aber doch sagen, dass ein Abbruch einer solchen Massnahme den Anlegern auch nicht schmeckt. Ein Beispiel dazu kommt aus Deutschland, wo der Baukonzern Hochtief vor einem Monat ein seit Januar laufendes Aktienrückkaufprogramm abrupt beendete. Während der Kurs in der kurzen Phase als das Programm lief, um 20 Prozent zulegte, fiel die Aktie nach der Ankündigung von dessen Ende sofort um 5 Prozent zurück.

Allzuhohe Erwartungen an eine Aktie sollten nicht gestellt werden: Zu wenig zuverlässig ist die Beobachtung, dass Aktienrückkäufe den Kurs pushen. Konzernleitungen, die Aktienrückkäufe beschliessen, müssen sich häufig den Vorwurf der Ideenlosigkeit gefallen lassen.

Und auch wenn Geld an die Aktionäre zurückgeführt wird und dafür genügend Eigenkapital vorhanden ist: Eine Krise kann diese Situation aber schnell ändern, wie beispielsweise die Situation der UBS vor 2007 gezeigt hat, die damals viele Mittel für share buybacks verwendete und dann, von der Krise erfasst, von Kapitalerhöhung zu Kapitalerhöhung ruderte. Der Hinweis der Swiss Re, dass sie eigene Titel nur beim Ausbleiben teurer Schadenlasten zurückkauft, verdeutlicht diesen Zwiespalt auch heute noch.