Eine zehnjährige Festhypothek bekommt man momentan im Durchschnitt für 1,54 Prozent Zins. Letztmals waren die Hypothekenzinsen im Januar 2015 so tief, kurz nach der Aufgabe des Euro-Mindestkurses. Vor einem Monat noch lag dieser Zinssatz mehr als 0,1 Prozent höher, wie Daten von Vermögenspartner zeigen. Bei einer Laufzeit von zehn Jahren und einer Summe von einer Millionen macht das eine Gesamtdifferenz von 10'000 Franken aus.

Hausbauer und Wohnungskäufer handelten in den zurückliegenden Monaten immer richtig, wenn sie mit dem Abschluss einer Wohnfinanzierung noch zugewartet hatten. Deshalb stellen sich die Fragen: Wie tief können die Hypothekenzinsen noch fallen? Gibt es für Banken und Versicherungen eine untere Schmerzgrenze? Sind zehnjährige Hypotheken für weniger als 1 Prozent auf breiter Front denkbar?

cash hat zu diesem Thema verschiedene Experten befragt. Keiner glaubt daran, dass die Zinssätze durchgehend unter 1 Prozent sinken. Stellvertretend Ansgar Gmür vom Hauseigentümerverband (HEV): "Ich sehe zehnjährige Festhypotheken für unter 1 Prozent nicht am Horizont. Für Banken wäre dann die Marge zu klein. Aber auch aus psychologischer Sicht fände ich so tiefe Zinsen nicht sinnvoll."

Sein Argument: Die Leute würden sich an die Null vor dem Komma gewöhnen. Zwar wären Hypotheken dann fast gratis, was aber auch gefährlich sein könnte. Denn ein Haus müsse immer über lange Zeit finanziert werden, mit all seinen Zusatzkosten. "Ein Hauskauf darf nicht zu einem üblichen Hosenkauf werden", so HEV-Direktor Gmür.

EZB legt vor, SNB zieht nach

Am 10. März könnte erneut Bewegung in die Zinslandschaft kommen. Dann entscheidet die Europäische Zentralbank (EZB) über ihre zukünftige Geldpolitik. Spekuliert wird über eine Aufstockung des Anleihe-Kaufprogramms. Auch der Strafzins für Banken, die Geld bei der EZB parken (Einlagesatz), könnte erhöht werden.

Aus Schweizer Sicht entscheidender wäre allerdings die Senkung des Refinanzierungssatzes. Dieser stellt sozusagen den offiziellen EZB-Leitzins dar. Wird er gesenkt, muss sich auch die Schweizerische Nationalbank (SNB) ernsthafte Gedanken machen, ihren Negativzins nach unten anzupassen, wie cash kürzlich aufzeigte.

Muss die SNB ihren Negativzins noch mehr ausweiten, um die Zinsdifferenz beizubehalten und Druck vom Franken zu nehmen, könnten Festhypotheken nochmals merklich sinken, so der Tenor aus der Wohnfinanzierungs-Branche.

Denn die Strafzinsen haben einen Einfluss auf die Marktzinsen in der Schweiz. Und diese sind bereits auf ein Rekordtief gesunken. Am 1. März fiel die Rendite für zehnjährige Anleihen der Eidgenossenschaft, den sogenannten "Eidgenoss", auf -0,48 Prozent. Noch im Dezember 2013 stand diese Rendite bei 1,25 Prozent, seither ist sie – mit wenigen Ausnahmen – konstant gesunken.

Die grosse Nervosität an den Finanzmärkten in den ersten Wochen des Jahres liess viele Investoren nach den als sicher geltenden Staatsanleihen greifen und dementsprechend ihre Renditen absinken. In der Regel reagieren Hypothekenzinsen sehr sensibel auf die Kursbewegungen von Schweizer Staatsanleihen.

Banken mit Luft nach unten

Dieses Szenario würde aber nicht automatisch dazu führen, dass sämtliche Hypothekeninstitute ihre Angebote weiter verbilligten. Solche Anpassungen seien "abhängig von der jeweiligen Strategie und Risikoeinschätzung der Institute", sagt Michael Hartmann vom Hypotheken-Vermittler Moneypark. Er erwartet, dass sich dann die Schere zwischen günstigstem und teuerstem Anbieter noch weiter öffnen würde. Derzeit beträgt dieser Unterschied bei zehnjährigen Festhypotheken rund 0,7 Prozent.

Erstens ist das auch ein Hinweis darauf, dass der Verhandlungsspielraum beim Abschluss von Wohnkrediten gross sein kann. Rabatte auf die offiziell angegebenen Zinsen – die sogenannten Schaufensterpreise – sind abhängig von Tragbarkeit, Höhe der Belehnung, Wert der Immobilie und der Laufzeit. Mit Verhandlungsgeschick und der richtigen Wahl des Anbieters können Kunden rund 40-50 Basispunkte auf den Schaufensterpreis herausholen, sind Experten überzeugt.

Zweitens lassen diese Unterschiede vermuten, dass die Hypothekenvergabe für Banken nach wie vor ein lukratives Geschäft ist. "Die Refinanzierungskosten sind dank der tiefen Zinsen günstig wie kaum zuvor", sagt Moneypark-Vertriebsleiter Hartmann. Und noch einen Vorteil hat das Geschäft: Im Gegensatz zu anderen Kreditformen kennen Hypothekenkredite kaum Ausfallrisiken.

"Da die Margen im Aktivgeschäft in den letzten Monaten für Neu- und Refinanzierungsgeschäfte eher ausgedehnt werden konnten, besteht Luft nach unten", so Hartmann. Doch dafür brauche es Druck aus dem Markt. Und dieser könnte von der EZB ausgelöst werden. Die Schmerzgrenze bei Festhypotheken für fünf Jahre sieht Hartmann unter diesen Umständen bei 0,5-0,6 Prozent.