Für Fussballfans stehen interessante Zeiten an. Mit dem Final der Champions League am kommenden Samstag und der Europameisterschaft ab 10. Juni stehen zwei internationale Grossereignisse auf dem Programm.

An der Börse scheint sich ebenfalls schon Vorfreude breitzumachen. Der Stoxx Europe Football Index, der sämtliche börsenkotierten Fussballklubs vereint, ist im April auf den höchsten Stand seit mehr als einem Jahr geklettert. Das Plus seit Anfang Januar beträgt 16 Prozent, während der vergleichbare breite Aktienmarkt 3,5 Prozent im Minus steht, wie der folgende Chart zeigt.

Stoxx Europe Football (orange) im Vergleich mit dem Euro Stoxx Small Index seit Anfang Jahr, Quelle: stoxx.com

Neben den bevorstehenden Fussballwochen sieht Aktienanalyst Alexander Langhorst andere Gründe für die gute Performance: "Immer höhere Transfersummen und grössere Beiträge von den TV-Übertragungsrechten fliessen in die Kassen der Fussballklubs." Das gefalle den Investoren und sei somit auch ein wichtiger Grund, weshalb der Index in den letzten Monaten so gut gelaufen sei, so Langhorst, der für GSC Research unter anderem die Aktie von Borussia Dortmund abdeckt.

Gerade bei diesem Titel lässt sich die Verhaltensweise von Fussballaktien gut verfolgen: Am 14. April kletterte die Aktie der Borussia Dortmund auf den höchsten Stand im laufenden Jahr bei 4,11 Euro. An diesem Abend stand das Viertelfinale der Uefa Europa League gegen Liverpool statt, das Dortmund verlieren sollte. Am nächsten Tag stürzte die Aktie auf 3,97 Euro ab. Ähnliches Bild beim höllandischen Rekordmeister Ajax Amsterdam, als die Mannschaft am letzten Spieltag den Titel noch aus den Händen gab.

Vergleichsweise kleine Unternehmen

Ob BVB, Juventus Turin oder AS Rom: An Spielresultate gekoppelte Achterbahnfahrten von börsenkotierten Fussballvereinen sind üblich. "Langfristige Geldanlage und Fussballaktien sind nach wie vor nicht füreinander erfunden. Doch früher war die Resultat-Abhängigkeit noch schlimmer", sagt Experte Alexander Langhorst.

Grund für die heftigen Ausschläge ist einerseits die geringe Grösse der betroffenen Vereine. Im Vergleich zu anderen Unternehmen sind Fussballklubs "kleine" Aktien. "Der Wettcharakter einer Fussballaktie ist umso grösser, je kleinkapitalisierter der Verein ist", so Langhorst.

Dementsprechend wenig Volumen braucht es, um den Aktienkurs zu verändern. Juventus Turin beispielsweise weist Kapitalisierung von 264 Millionen Euro auf. Das entspricht etwa dem Volumen von Schweizer Aktien wie Hypo Lenzburg oder Hochdorf. Nur die drei grössten Klubs der Welt (Real Madrid, FC Barcelona und Manchester United) erwirtschafteten im letzten Jahr mehr als eine halbe Milliarde Umsatz, wie Zahlen von Deloitte zeigen.

Andererseits kann ein geschossenes oder erhaltenes Tor tatsächlich grosse Auswirkungen auf die finanzielle Zukunft eines Vereins haben. Alleine die Teilnahme an der Champions League spült mehrere Millionen in die Kassen. Insofern ist es verständlich, wenn Investoren mit Käufen oder Verkäufen auf Spielresultate reagieren.

Die Grossen kommen einfacher an Geld

Weshalb aber wagen sich vor allem mittelgrosse Vereine und nicht Barça, Real oder Bayern aufs Börsenparkett? Erstens stehen sie weniger unter Druck, Geld einzusammeln, weil sie grosse Sponsoren haben. Zweitens spielen sie auch in einer eigenen Liga, wenn es um Geld von den TV-Stationen geht. In England beispielsweise werden mehr als 2 Milliarden Franken jährlich an die Vereine verteilt – wobei die erfolgreichen und publikumswirksamen Vereine am meisten erhalten.

Drittens sind gerade spanische Klubs oftmals hoch verschuldet, ohne dass sie dafür ernsthaft zur Rechenschaft gezogen werden. Viertens: "In vielen Ländern unterstehen die Fussballklubs eher investoren-unfreundlichen Reglements", sagt Analyst Langhorst.

Fussball ein Defizitgeschäft

Ähnliches gilt auch für die Schweiz. Seit dem Börsen-Fiasko des Grasshopper Clubs in den späten 90er Jahren kam kein Verein mehr auf die Idee, sich an der Schweizer Börse kotieren zu lassen. "Fussball ist in den allermeisten Fällen ein Defizitgeschäft", sagt Ex-FCZ-Profi Michael Mazenauer, der heute beim Vermögensverwalter Zürisee Invest tätig ist. "In der Schweiz ist deshalb das Mäzenatentum für fast alle professionellen Sportvereine die einzige Möglichkeit zu überleben", ergänzt er.

Von der Grösse her hätten nur der FC Basel oder der SC Bern das Potenzial für einen Börsengang, sind sich Beobachter einig. Doch diese beiden Vereine brauchen kein frisches Geld, weil sie mittlerweile finanziell gut aufgestellt sind.

Dass das beim FC Basel heute der Fall ist, hat aber auch mit Geld von aussen zu tun. Die gehörige Anschubfinanzierung von Mäzenin Gigi Oeri brachte den FCB an die nationale Spitze. Dank regelmässigen Einnahmen aus dem internationalen Geschäft und umsichtigen Transfertätigkeiten stehen die Basler mittlerweile budgetmässig konkurrenzlos da. Das wiederum macht es für die anderen Vereine ungemein schwer, am Serienmeister vorbeizuziehen.