Die Schweizerische Nationalbank erhöhte letzte Woche den Leitzins um 25 Basispunkte auf 1,75 Prozent. Damit hat die SNB seit 2022 die Kosten für das Geld um 250 Basispunkte erhöht. Das ist viel innert eines derart kurzen Zeitfensters, aber es ist einiges weniger als das, was die anderen massgebenden Zentralbanken unternommen haben, um die Inflation zu bekämpfen: Die Europäische Zentralbank hat seit letztem Jahr die Leitzinsen um 400, die US-Notenbank Federal Reserve gar um 500 Basispunkte nach oben geschraubt.
Per se spricht dies für eine Aufwertung von Euro und Dollar. Und per se auch für eine mögliche Unruhe bei der SNB, denn das Direktorium um Präsident Thomas Jordan setzt seit rund zwei Jahren auf einen starken Franken, um eine importierte Inflation von der Schweiz fernzuhalten. Die Zinsdifferenz zum Dollar- und Euroraum sollte daher zumindest nicht weiter anwachsen - damit verhindert wird, dass diese Währungen gegenüber dem Franken an Attraktivität gewinnen.
Die SNB korrigierte letzte Woche ihre Inflationsprognose zum Jahresende von 2,3 Prozent auf 2 Prozent nach unten. Dies führte bis Freitag temporär zu einer weiteren leichten Abschwächung der Schweizer Währung an den Märkten - eine Tendenz, die sich beim Euro schon seit Anfang Juni gezeigt hatte. SNB-Präsident Thomas Jordan erklärte in der Medienkonferenz vom letzten Donnerstag zwar, dass auf Basis der aktuellen Inflationsprojektionen eine weitere Straffung der Geldpolitik sehr wahrscheinlich notwendig sei. Doch offenbar kam dieses Statement nach Jordans Befinden zu wenig nachhaltig an den Märkten an.
Jordan legt verbal eine Schippe drauf
Am Wochenende legte Jordan nun eine Schippe drauf und äusserte sich deutlicher: Wenn man die Inflationsprognosen der Nationalbank genau interpretiere, dann sehe man, dass "aus heutiger Perspektive die Geldpolitik möglicherweise noch nicht straff genug" sei, sagte Jordan in der SRF-"Samstagsrundschau". Die SNB könne Zweitrundeneffekte nicht vollständig verhindern, "aber wir müssen sie bekämpfen", so Jordan weiter. Das Ziel der SNB sei es, die Inflation im Bereich der Preisstabilität "dauerhaft zu verankern".
Jordan wies zudem darauf hin, dass der SNB zur Bekämpfung der Inflation nicht nur das Zinsinstrument zur Verfügung stehe. Sie habe in den letzten Jahren den Franken nominal aufwerten lassen und dazu Devisen verkauft.
Die Worte entfalteten ihre Wirkung: Am Montag stieg der Franken gegen den Euro auf den höchsten Stand seit rund zweieinhalb Wochen, gegen den Dollar wurden Niveaus wie zuletzt am 11. Mai registriert. Gegen den japanischen Yen erreichte der Franken gar ein Rekordhoch.
"Die 'hawkishere' EZB-Rhetorik hat die Zinserwartungen für die Eurozone weiter angehoben und dem Euro Auftrieb verliehen. Eine 'entspanntere' SNB hätte diesen Trend nochmals verstärken können", schreibt Raiffeisen-Ökonom Alexander Koch in einem Kommentar. "Auch deshalb war es aus Sicht der SNB nachvollziehbar, sich als Rückversicherung weiter erst einmal lieber etwas vorsichtiger zu zeigen."
Im Hintergrund spielt die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank eine grosse Rolle
Im Hintergrund spielt tatsächlich die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank eine grosse Rolle. Jordan bestätigte an der Medienkonferenz von letzter Woche die Relevanz des Zinsabstands zur Eurozone. Die EZB erhöhe jüngst die Leitzinsen auf 4 Prozent.
Und die EZB dürfte ihren Leitzins (fast sicher) im Juli und (vielleicht) im September weiter anheben. Bei der nächsten geldpolitischen Entscheidungsfindung der SNB im September ist es dann wahrscheinlich, dass sich der Abstand zwischen den Zinsniveaus der SNB und der EZB auf ein historisch hohes Niveau ausgeweitet haben wird.
Der Markt geht eigentlich davon aus, dass die SNB im September den Leitzins nochmals um 0,25 Prozentpunkte auf 2 Prozent anheben wird. Zinshändler rechnen genau genommen damit, dass die SNB für den Rest des Jahres eine kumulative Straffung um rund 29 Basispunkte vorsieht. Die jüngsten Kommentare Jordans könnten aber laut Bloomberg so interpretiert werden, dass die SNB-Entscheidungsträger möglicherweise darauf bedacht sein könnten, einen deutlich positiven realen Leitzins anzustreben. Dies deutet darauf hin, dass ein Preis von 50 Basispunkten bis zum Jahresende möglicherweise besser zu den Zielen der SNB passte, so die Interpretation.
Auch in den nächsten Monaten werden die SNB-Chefs kaum eine Gelegenheit auslassen, den geldpolitischen Straffungskurs der Nationalbank zu betonen. "Der Wechselkurs (Euro/Franken, Red.) wird weiterhin stark von der SNB gemanagt werden", schreiben denn auch die Ökonomen von ING. Sie glauben, dass sich das Kurspaar weiterhin in einer Spanne zwischen 97 und 99 Rappen bewegen wird. Die SNB würde einen höheren Euro nur dann zulassen, sollte der Dollar gegen den Franken noch stärker fallen.
4 Kommentare
es wird langsam zeit das die schweiz ihre stärken ausspielt , ich erinner mich noch an zeiten wo 5 fr. für 1 dollar fällig waren und 1,83 fr. für 1 euro
Hohe Zinsen sind nur auf den ersten Blick attraktiv, um eine Währung besser aussehen zu lassen. Viel wichtiger und langfristig entescheidend ist die reale Verzinsung nach Inflation - und da sieht es für den CHF international gut aus oder aus Sparersicht weniger schlecht...
Ich rechne daher im einem stärker werdenden CHF auf jeden Fall auf die lange Sicht.
Die Nationalbank liegt richtig, ohne höhere Zinsen wird der CHF geschwächt und dann verlieren alle. Bis über 5% sind leider durchaus denkbar, auch wenn sich das viele nicht vorstellen können.
Die Notenbanken vergessen, dass das Konjunkturwachstum allgemein viel zu schwach für dieses aktuelle Zinsniveau. Ergänzend ist die Verschuldung speziell der EU Südstaaten und theoretisch auch USA viel zu hoch. …das kann und wird nicht funktionieren bereits gegen Ende 2023.
Die Frage ist nur ob es zuerst in den USA oder EU massive Probleme mit diesem Zinsniveau geben wird. …dann wird dann unabhängig von Inflation zügig wieder gesenkt.