"Die deutsche Politik muss sich auf diesen schärferen Ton einstellen", sagte der FDP-Politiker und Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, Michael Link, in einem am Samstag veröffentlichten Reuters-Interview. "Die USA schauen nach Europa und dort vor allem auf Deutschland. Sind wir zu einer gemeinsamen Strategie mit Washington bereit oder nicht?" Er höre in seinen Gesprächen mit US-Gesprächspartnern immer wieder die klare Erwartung, dass sich Deutschland an die Seite der USA stellen sollte, um einen weiteren Aufstieg Chinas zu verhindern.
Wie sehr sich der US-Kurs verschärfe, hänge von der Entwicklung um Taiwan ab. Aber zwischen US-Demokraten und -Republikanern gebe es wenig Unterschiede in der Entschiedenheit gegenüber Peking. So sei der Taiwan-Besuch der Chefin des US-Repräsentantenhauses Nancy Pelosi auch bei den Republikanern auf Zustimmung gestoßen.
In den USA werde das Thema China schärfer und analytischer diskutiert als in Deutschland, was auch daran liege, dass es mehr deutsche Investitionen in China gebe, "die die Unabhängigkeit beschneiden", sagte Link. "Man muss sich angesichts der Investitionen der Autokonzerne und etwa von BASF schon fragen: Stecken wir da viel zu tief drin?" Natürlich wolle und müsse man weiter Handel mit China treiben. Aber China sei eben Systemrivale, der gezielt Investitionen einsetzt, um eines Tages politischen Druck ausüben zu können. Die EU brauche eine gemeinsame Strategie.
Klarheit über die Grundausrichtung der US-Politik für 2023 erwartet
Generell erwartet Link von den Midterm-Elections, bei den Kongresswahlen das ganze Repräsentantenhaus und gut ein Drittel des Senats gewählt wird, vor allem Klarheit über die Grundausrichtung der US-Politik im kommenden Jahr. "Es ist auch eine Aufforderung an die deutsche Seite, sofort nach den Wahlen zu schauen, was geht und was nicht", sagte der Transatlantik-Koordinator mit Blick auf die Handelspolitik.
"Wir müssen das Zeitfenster nutzen, bevor es dann in den nächsten US-Präsidentschaftswahlkampf geht", fügte er mit Blick auf einen neuen Anlauf für ein transatlantisches Freihandelsabkommen hinzu. Entscheidend sei dabei nicht, ob die Demokraten oder die Republikaner die Wahlen gewinnen würden, sondern wer für die jeweilige Partei in den Kongress einziehe. In beiden Parteien gebe es dabei deutliche Unterschiede der Kandidaten.
In der Politik gegenüber Russland erwartet Link keine grossen Änderungen. "Beide Seiten sehen Russland heute vor allem im Zusammenhang mit China. Deshalb erwarte ich, dass der Kurs sehr kritisch gegenüber Moskau und Peking bleiben wird." Es könne aber sein, dass die Ukraine-Politik nach den Wahlen dennoch auf den Prüfstein komme. "Die Mehrheit der Senatoren steht zwar zu einer klaren Hilfe. Aber die Debatte bewegt sich auf einer abschüssigen Ebene", warnte Link mit Blick auf Äusserungen aus beiden politischen Lagern, die die Kosten für die Waffenhilfen infrage gestellt hatten.
Das Hauptargument der Kritiker sei, dass man das Geld in den USA selbst brauche. "Die Kritik etwa der Republikaner kann aber schnell zu Ende sein, wenn die Rezession beendet ist."
(Reuters)