Es sind die Wochen der Notenbanken. Nach den europäischen Währungshütern am letzten Donnerstag entscheidet die Schweizerische Nationalbank (SNB) in zwei Tagen über ihre zukünftige Zinspolitik - bevor dann am 16. Dezember die amerikanische Fed ihren geldpolitischen Fahrplan bekanntgibt.

Wie gross das Überraschungspotenzial immer noch ist, das Zentralbanken für die Finanzmärkte bereithalten können, zeigte sich letzte Woche. Die EZB weitete ihren Negativzins von minus 0,2 auf minus 0,3 Prozent aus - erwartet worden war eigentlich eine Verdoppelung auf minus 0,4 Prozent. Und anders als im Vorfeld angedeutet wurde das milliardenschwere Anleihekaufprogramm nicht ausgeweitet, bloss verlängert.

Die anschliessende Enttäuschung über die ausbleibende Geldspritze an den europäischen Märkten war greifbar. Der Euro stieg gegenüber dem Dollar innert Kürze um mehr als 3 Prozent an, im Gegenzug rauschten die Aktienmärkte in die Tiefe. Aus Schweizer Sicht war vor allem die Reaktion des Währungspaares Euro-Franken interessant. Denn davon erhofft man sich stets Rückschlüsse auf die Aktionen der SNB. Der Franken wertete kurz nach dem EZB-Entscheid deutlich ab, Euro-Franken stieg klar über 1,09. Der Hintergrund: Weil die EZB ihre Euro-Schleusen weniger stark öffnet als vermutet, vermindert sich der Aufwertungsdruck auf den Franken.

cash-Leser auffallend skeptisch 

Um den Franken unattraktiv zu machen und damit zu schwächen, verrechnet die SNB seit Januar negative Zinsen in der Höhe von 0,75 Prozent auf ihren Girokonten. Dies war ursprünglich eine Reaktion auf die Negativzinsen der EZB, die schon länger Bestand haben. Ginge es nach Theoriebuch, müsste die SNB nun also nachziehen, um die Zinsdifferenz zum Euro-Raum wieder herzustellen.

In diesem Kontext bleibt für Schweizer Anleger die Frage im Fokus, ob die SNB am kommenden Donnerstag ebenfalls an ihren Negativzinsen schraubt. Zu dieser Frage läuft auf cash.ch seit einigen Tagen eine Umfrage. Das Zwischenresultat: Von mehr als 1000 Teilnehmenden erwarten 55 Prozent keine Verschärfung der Strafzinsen in der Schweiz. Dieser eher knappe Zwischenstand überrascht insofern etwas, weil die Märkte nach den EZB-Schritten letzter Woche nun mit grosser Überzeugung von einem Stillhalten bei der SNB ausgehen. 

SNB steht unter Druck

Doch was, wenn die SNB ohne grosse Not trotzdem reagiert, indem sie die Negativzinsen erhöht? Kurz- und mittelfristig könnte das den Franken weiter schwächen. Gleichzeitig wäre eine Ausweitung der Negativzinsen auf minus 1 oder gar minus 1,25 Prozent ein massiver Einschnitt, denn er würde Banken, Versicherer, Vorsorgeeinrichtungen und Sparer noch mehr belasten. 

Neben der Zinsschraube hat die SNB noch weitere Instrumente zur Frankenschwächung im Werkzeugkasten: Direkte Interventionen am Devisenmarkt oder die Reduktion des Freibetrags für Geschäftsbanken. Zumindest von der ersten Alternative macht die SNB immer wieder Gebrauch.