Das Landgericht München und die Verteidiger der drei Angeklagten rangen am Mittwoch erneut um die Befragung des mitangeklagten Kronzeugen Oliver Bellenhaus und die Bewertung seiner umstrittenen Äusserungen. Dafür fassten die Beteiligten auch noch den Verhandlungstermin am Donnerstag ins Auge. Braun, dessen Aussage ursprünglich im Januar erwartet worden war, dürfte damit nicht vor Montag das Wort ergreifen.

Bellenhaus hatte in seiner tagelangen Aussage und Befragung durch das Gericht Braun und den ebenfalls angeklagten früheren Buchhalter Stephan von Erffa schwer belastet. Die Verteidiger von Braun und Erffa beschuldigen Bellenhaus, die Unwahrheit zu sagen. Sie wollen ihre Position mit einer eigenen Befragung von Bellenhaus und ausführlichen Stellungnahmen zu dessen Darstellung untermauern.

Bellenhaus bekräftigte am Mittwoch, er habe zwar nichts gegen Fragen der Anwälte, werde ihnen aber nicht antworten, sondern von seinem Schweigerecht Gebrauch machen. Brauns Verteidiger begann daraufhin mit der Verlesung eines 50-seitigen Fragenkatalogs zu bisherigen Aussagedetails von Bellenhaus. Von Erffas Verteidigerin kündigte die Verlesung weiterer 41 Seiten an Fragen an. Für ihre anschliessende Bewertung von Bellenhaus' Aussageverhalten benötigen die beiden Verteidiger nach eigenen Angaben ebenfalls mehrere Stunden.

Wirecard war im Juni 2020 zusammengebrochen, als bekannt wurde, dass in der Kasse 1,9 Milliarden Euro fehlten. Die drei Manager des Dax-Konzerns sind wegen Bilanzfälschung, Marktmanipulation, Untreue und Bandenbetrug angeklagt. Bellenhaus beschreibt die Vorgänge bei Wirecard als gemeinsame Bilanzfälschung, für die Milliardenbeträge erfunden worden seien. Brauns Anwalt Dierlamm hingegen spricht von einer Veruntreuung vorhandener Milliardenbeträge hinter Brauns Rücken. Von Erffa lässt die Anschuldigungen ebenfalls von seiner Verteidigerin zurückweisen.

(Reuters)