Das Barometer zur Einschätzung der Konjunktur in den nächsten sechs Monaten fiel im April um 8,9 auf 4,1 Punkte, wie das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) am Dienstag zu seiner monatlichen Umfrage unter 172 Analysten und Anlegern mitteilte. Der Indikator signalisiere damit, dass in den kommenden Monaten keine nennenswerte Verbesserung der konjunkturellen Situation zu erwarten sei. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten mit einem Anstieg auf 15,3 Zähler gerechnet. Mit dem zweiten Rückgang in Folge fiel das Barometer auf ein Jahrestief. Im März hatte eine Serie von zuvor fünf Anstiegen in Folge abrupt geendet, weil die Turbulenzen um die Credit Suisse und die Pleite der Silicon Valley Bank die Sorge vor einer Finanzkrise 2.0 schürten.

Die Einschätzung der konjunkturellen Lage verbesserte sich dagegen im laufenden Monat überraschend deutlich: Dieser Wert stieg im April um 14,0 Punkte, verharrt aber mit minus 32,5 Zählern klar im negativen Bereich.

Die Aussichten werden dem ZEW zufolge gleich von mehreren Faktoren negativ beeinflusst. "Zum einen erwarten die Expertinnen und Experten eine vorsichtigere Kreditvergabepraxis der Banken", sagte ZEW-Präsident Achim Wambach. "Zum anderen belasten die immer noch hohen Inflationsraten und die international restriktive Geldpolitik." Positiv sei, dass die Gefahr einer akuten Krise auf den internationalen Finanzmärkten nicht mehr gesehen werde. "Die Ertragsaussichten für Banken und Versicherungsunternehmen haben sich gegenüber dem Vormonat verbessert und liegen wieder deutlich im positiven Bereich", sagte Wambach.

Die führenden Institute rechnen wegen der allmählich nachlassenden Inflation nicht mehr mit einer Rezession in Deutschland. Das Bruttoinlandsprodukt dürfte in diesem Jahr um 0,3 Prozent wachsen, heisst es in der Gemeinschaftsdiagnose für die Bundesregierung. Im Herbst war unter dem Eindruck der Energiekrise noch ein Minus von 0,4 Prozent veranschlagt und eine Rezession im gerade beendeten Winterhalbjahr erwartet worden.

(Reuters)