Anleger hoffen darauf, dass die Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) und Inflationsdaten aus den USA neue Hinweise liefern, wann die ersten Zinssenkungen in den USA und der Euro-Zone vollzogen werden. Zweifel an einer baldigen Zinswende in den USA liessen den deutschen Leitindex bis Freitagmittag auf Wochensicht um knapp zwei Prozent auf 18.134 Zähler einbrechen.

«Die schnellen Kursgewinne seit Jahresbeginn werden von den Anlegern mehr und mehr hinterfragt», konstatiert Jochen Stanzl von CMC Markets. Auch die Analysten der Helaba prognostizieren in ihrem Wochenausblick: Die zunehmende Volatilität an den Aktienmärkten sei ein Anzeichen dafür, dass der Aufwärtstrend der vergangenen Monate nicht so einfach fortzuschreiben sei.

Dax eilte zuletzt von einem Rekord zum nächsten

Die Aussicht auf langfristig sinkende Zinsen in den USA wie im Euro-Raum haben die Börsen in den vergangenen Monaten deutlich nach oben getrieben. Der Dax eilte von einem Rekordhoch zum nächsten - zuletzt markierte er am Dienstag mit 18.567,16 Zählern eine neue Bestmarke. Seit Jahresbeginn kommt er auf ein Plus von knapp zehn Prozent.

Wann die EZB an der Zinsschraube dreht, könnte sich auf der Sitzung am Donnerstag zeigen. Viele Analysten rechnen damit, dass die Währungshüter die Zinsen noch einmal unverändert lassen. «Für diesen Schritt werden die Notenbanker wohl weitere Daten zur Lohnentwicklung und die neuen Projektionen abwarten, die bei der Juni-Sitzung vorliegen werden», meint Commerzbank-Experte Marco Wagner. Die EZB hatte im März wie schon auf den drei geldpolitischen Treffen zuvor die Zinsen konstant gehalten. Der Einlagensatz, den Geldhäuser bekommen, wenn sie bei der Notenbank überschüssige Gelder parken, liegt damit weiter auf dem Rekordniveau von 4,00 Prozent. Mit einer Inflation im Sinkflug gewinnen aus Sicht der EZB die Argumente für eine Lockerung der Geldpolitik jedoch an Kraft. Die Teuerung im Euro-Raum war zuletzt auf 2,4 Prozent im März gesunken von 2,6 Prozent im Februar.

Rätselraten um Zeitpunkt der US-Zinswende

Etwas anders ist die Situation in den USA gelagert: Hier nahm der Teuerungsdruck zuletzt wieder zu. Mit 3,2 Prozent im Februar waren die Verbraucherpreise noch ein gutes Stück vom Ziel der Zentralbank entfernt, die einen Wert von zwei Prozent anstrebt. Die am Mittwoch anstehenden Inflationszahlen für März dürften erneut recht hoch ausfallen, wenn auch nicht ganz so stark wie in den beiden Vormonaten, prognostiziert Commerzbank-Analyst Christoph Balz. «Es wird immer deutlicher, wie schwierig es ist, die US-Inflation auf zwei Prozent zu drücken, wenn gleichzeitig die Wirtschaft gut läuft.» Die Investoren setzten zuletzt auf eine Lockerung der US-Geldpolitik zur Jahresmitte. Mark Dowding, Chefanleger beim Vermögensverwalter RBC BlueBay, geht davon aus, dass es im Juli so weit sein könnte. «Sofern sich die Konjunktur nicht deutlich abkühlt, erwarten wir in diesem Jahr aber nur eine oder zwei Zinssenkungen.»

Neben den Inflationszahlen stehen aus den USA in der neuen Woche noch die Erzeugerpreise für März (Donnerstag) wie auch das vorläufige Verbrauchervertrauen der Uni Michigan für April auf der Agenda (Freitag). Wie es um die Konjunktur in Deutschland bestellt ist, dürften die Daten zur deutschen Industrieproduktion im Februar zeigen (Montag). Zu Jahresbeginn hatten die Unternehmen die Produktion stärker ausgeweitet als erwartet. Industrie, Bau und Energieversorger stellten im Januar zusammen 1,0 Prozent mehr her als im Vormonat.

Spannend wird es auch auf der Unternehmensseite, da in den USA die ersten Finanzinstitute ihre Zahlen zum ersten Quartal vorlegen. Am Freitag lassen sich unter anderem die Grossbanken Citigroup und JP Morgan sowie der weltgrösste Vermögensverwalter BlackRock in ihre Bücher schauen. Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege für Privat- und Firmenkunden bei der Deutschen Bank, rechnet hinsichtlich der US-Berichtssaison «mit robusten Gewinnüberraschungen, die der Börse neue Impulse geben könnten».

(Reuters)