Damit hatte der Markt nicht gerechnet: Die Bank of Canada schloss sich am Mittwoch der Reserve Bank of Australia mit weiteren Zinserhöhungen an, um den Anstieg der Inflation zu bekämpfen. Die überraschenden Zinserhöhungen der beiden Notenbanken senden ein Signal über die Grenzen von Kanada und Australien hinaus. Denn die Hoffnungen auf US-Zinssenkungen später in diesem Jahr schwinden nun zunehmend. Und auch der Kampf gegen die Inflation weltweit dürfte noch lange nicht vorbei sein.
Der technologielastige Nasdaq 100 verlor am Dienstag als Folge der Zinserhöhung in Kanada 1 Prozent, Staatsobligationen weltweit verloren an Wert, die Anleiherenditen schossen im Gegenzug nach oben.
"Die Reserve Bank of Australia widersetzte sich den Prognosen der Ökonomen und erhöhte den Leitzins diese Woche erneut, was möglicherweise mehr Druck auf die Europäische Zentralbank, die US-Notenbank, die Bank of Japan und die Bank of England ausübt", sagte Colin Graham, Leiter Multi-Asset-Strategien bei Robeco, bei Bloomberg. "Die Erwartungen für Juli haben sich für die Fed nun von einer erwarteten Senkung zu einem erwarteten Anstieg verschoben".
Die Fed hat die Zinsen seit Anfang 2022 bereits zehn Mal in Folge erhöht, um der Inflation Paroli zu bieten und den heiss gelaufenen Arbeitsmarkt abzukühlen. Die Beamten sind sich offenbar uneinig darüber, ob sie bei einer weiteren Straffung der Geldpolitik eine Pause einlegen sollen oder nicht. Der Stress im US-Bankensystem und uneindeutige Wirtschaftsdaten haben die Zinsmärkte in diesem Jahr volatil gehalten. Es wurde immer wieder spekuliert, dass die Fed ihre Zinsen bereits in diesem Jahr senken wird.
Mehr als 90 Prozent der 86 von Reuters befragten Experten erwarten, dass die Währungshüter um Fed-Chef Jerome Powell das Zinsniveau der aktuellen Spanne von 5,00 bis 5,25 Prozent am 14. Juni nicht antasten werden. Doch die Ära der Zinserhöhungen wird aus Sicht vieler Ökonomen auch bei einer Pause im Juni noch nicht enden: 24 Experten tippen auf eine Anhebung im Juli.
Die Währungshüter selbst haben offenbar eine Zinspause ins Auge gefasst, um Zeit zu gewinnen, um eingehende Wirtschaftsdaten genauer zu sichten. Powell habe seine Präferenz bereits kundgetan, im Juni in der Warteschleife zu bleiben, sagte Philip Marey von der Rabobank zu Reuters.
Unabhängig von den kurzfristigen Entscheidungen der US-Notenbank erwartet Harvard-Professor Kenneth Rogoff, ehemaliger Chefökonom des Internationalen Währungsfonds, dass die Zinssätze in den kommenden Jahren steigen werden, wobei die Rendite der 10-jährigen Staatsanleihe der USA für den Rest des Jahrzehnts durchschnittlich über 4 Prozent liegen wird.
"Die Realzinsen werden höher sein und wahrscheinlich wird auch die Inflation höher sein", sagte Rogoff in einem Interview mit Bloomberg Television. Die Rendite der 10-jährigen US-Treasury Bonds liegt derzeit bei rund 3,7 Prozent. Während der US-Wirtschaftsexpansion von 2009 bis 2020 lag sie im Durchschnitt noch bei 2,4 Prozent.
Rogoff sagte zudem, dass die Fed Schwierigkeiten haben werde, die Inflation bei 2 Prozent zu halten. "Ich glaube nicht, dass es der Fed in dieser veränderten Welt mit grösserer Staatsverschuldung, höheren Verteidigungsausgaben und populistischem Druck leicht fallen wird, die Inflation auf 2 Prozent zu drücken", sagte er.
(cash)
1 Kommentar
Warum werden die aktuellen neuen Zinzsaetze in AUS und CDN nicht
erwaehnt.Das waere eine praezise Aussage gewesen.