Unsicherheit gilt als «Gift» an den Börsen, weswegen das Hin und Her um Höhe und Fristen der Strafzölle den Börsen in den vergangenen Tagen das Wasser abgrub. US-Präsident Donald Trump hat am Donnerstag nach Ablauf der Frist für Länder ohne Handelsabkommen mit den USA per Dekret neue Strafzölle bis zu 50 Prozent verhängt. In Kraft treten sollen sie am 7. August. 

Gedämpft wurde die Stimmung ausserdem von der schwindenden Aussicht auf tiefere Zinsen in den Vereinigten Staaten. Nach der Zinsentscheidung der US-Notenbank und den Äusserungen von Fed-Chef Jerome Powell am Mittwoch setzte sich bei den Anlegern die Ansicht durch, dass die Währungshüter wohl auch im September den Leitzins nicht antasten dürften. 

Der SMI beendete die letzte Juli-Woche im Minus und schloss am Donnerstag mit 11,836,00 Punkten gar so tief wie zuletzt Ende April. Im gesamten Monat Juli verlor der Schweizer Leitindex 0,7 Prozent. Am Freitag blieben die hiesigen Börsen aufgrund des Feiertags geschlossen, die Auswirkung der Zölle dürfte sich kommende Woche zeigen. Ausserbörslich verlor der SMI am Freitag bei der IG Bank rund 2,2 Prozent auf 11'487 Punkte.

«Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die direkten Auswirkungen der neu angekündigten US-Zölle auf den gesamten Schweizer Aktienmarkt negativ, aber nicht destruktiv sein werden», schreibt Daniel Kalt, Chefökonom der UBS, in einem Kommentar vom Freitag. Bestimmte Marktsegmente könnten stärker betroffen sein, darunter Uhren- und Maschinenbauer sowie Teile der Medizintechnik. Die UBS empfiehlt Anlegerinnen und Anlegern, sich auf Qualitätsunternehmen und Dienstleistungsunternehmen zu konzentrieren, insbesondere aus den Bereichen Telekommunikation, Gesundheitswesen und Basiskonsumgüter sowie ausgewählte mittelgrosse und zyklische Unternehmen.

Auch der deutsche Leitindex Dax büsste auf Wochensicht bei einem Stand von 23.665 Punkten per Freitagnachmittag mehr als zwei Prozent ein. Ob die Anleger in der neuen Woche wieder mehr Zuversicht zeigen, bleibe fraglich, sagt Helaba-Volkswirtin Claudia Windt. Bei den anstehenden Wirtschaftsdaten seien keine positiven Impulse auszumachen. «Die konjunkturellen Auswirkungen des Handelskonflikts sind im Euroraum ebenso wie in Deutschland noch mit vielen Fragezeichen versehen», sagt die Ökonomin.

Deutsche Wirtschaft kämpft mit Zöllen

Wie sich die deutsche Wirtschaft im Angesicht der drohenden Zölle schlägt, werden unter anderem die Daten zu Auftragseingang am Mittwoch und zur Industrieproduktion und den Exporten am Donnerstag zeigen. Wie es um den Dienstleistungssektor bestellt ist, können Investoren am Dienstag aus den Indikatoren aus China, der Euro-Zone und den USA ablesen.

Die Zollpolitik Trumps werde den deutschen Unternehmen den Zugang zu ihrem wichtigsten Auslandsmarkt USA erschweren, dennoch dürfte dies die allmähliche Belebung der Konjunktur in Deutschland nicht stoppen, sagen die Ökonomen der Commerzbank. In erster Linie liege das an dem Investitionspaket der deutschen Regierung.

Bank of England vor Zinssenkung

Auch die seit rund einem Jahr laufenden Zinssenkungen der EZB dürften zunehmend ihre Wirkung entfalten. Die Zentralbanker dürften die Leitzinsen in den kommenden Monaten unverändert lassen, sagt Commerzbank-Experte Marco Wagner.

Anders sieht es bei der Bank of England aus. Sie dürfte in Grossbritannien am Donnerstag den Leitzins voraussichtlich auf 4,0 von 4,25 Prozent nach unten schrauben. Dabei scheint der geldpolitische Ausschuss der Notenbank weiterhin gespalten zu sein: Die einen wollen aggressive Massnahmen, um der Abschwächung des Arbeitsmarktes entgegenzuwirken, die anderen sorgen sich um einen anhaltenden Inflationsdruck, und die Mehrheit in der Mitte befürwortet schrittweise Zinssenkungen.

Zahlenflut voraus

Anleger müssen auch eine weitere Welle von Firmenbilanzen verdauen. Diese Berichtssaison ist die erste, die die Auswirkungen von Trumps zollgetriebenem Handelskrieg auf die Gesundheit der Unternehmen offenlegt. Die Aussichten für die europäischen Unternehmen hatten sich nach dem Handelsdeal der EU mit den USA aufgehellt. Den Daten von LSEG zufolge werden die europäischen Unternehmen im zweiten Quartal voraussichtlich ein durchschnittliches Gewinnwachstum von 1,8 Prozent melden. Dies stellt eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Rückgang von 0,3 Prozent dar, den Analysten zuvor erwartet hatten.

Zu den Unternehmen, die in der neuen Woche ihre Berichte vorlegen, gehören hierzulande unter anderen Oerlikon, Adecco, Ascom, U-Blox, Galenica, und Sandoz. Seitens SMI veröffentlicht Amrize am Mittwoch das Ergebnis zum zweiten Quartal und am Folgetag Zurich seine Halbjahreszahlen.

Aus den USA sind unter anderem noch AMD, Snap, Eli Lilly und Expedia an der Reihe.

(cash/AWP/Reuters)