Eigentlich hätte die Kursflaute der letzten Wochen bei Zurich Insurance eine eher enttäuschende zweite Jahreshälfte erwarten lassen. Doch es sollte alles anders kommen: Mit 4,24 Milliarden Dollar liegt der operative Jahresgewinn (BOP) über den von Analysten erwarteten 4,04 Milliarden Dollar. Beim Reingewinn sowie beim Eigenkapital werden die Annahmen sogar noch viel deutlicher übertroffen.
Doch wo Licht, da ist auch Schatten. Mit 182 Prozent liegt die SST-Solvenzquote weit unter den in Börsenkreisen erhofften 198 Prozent.
Dennoch grenzt die Zurich-Aktie ihre Kursverluste etwas ein. Nach einem frühen Rücksetzer in die Nähe von 373 Franken verliert sie zur Stunde noch 1,2 Prozent auf 375 Franken.
Zahlenkranz von eher mässiger Qualität
Die Zürcher Kantonalbank hebt denn auch die deutlichen preisseitigen Verbesserungen im Nichtleben-Geschäft hervor. Die Kapitalbasis sei gut und könne die Covid-19-Aufwendungen gut verkraften, so heisst es weiter. Die Zürcher Kantonalbank rät deshalb wie bis anhin mit "Übergewichten" zum Kauf der Aktie.
Wie Vontobel festhält, übertrifft das Jahresergebnis sowohl im Nichtleben-Geschäft als auch im Leben-Geschäft die Erwartungen deutlich. Was die Folgen der Covid-19-Pandemie anbetrifft, so fallen diese mit 852 Millionen Dollar jedoch um rund 100 Millionen Dollar höher aus, als die Zürcher Bank befürchtet hatte. Vontobel stuft die Aktie vorerst mit "Hold" und einem Kursziel von 384 Franken ein.
Bei der Deutschen Bank warnt man, dass das Jahresergebnis auf bereinigter Basis nicht ganz so stark daher kommt wie die Zahlen glauben lassen. So hat beispielsweise ein einmaliger Gewinn in Höhe von 219 Millionen Dollar zum operativen Jahresgewinn beigetragen. Zudem profitierte die Versicherungsgruppe vom schwachen Dollar. Die Deutsche Bank bleibt bei "Hold" mit einem Kursziel von 380 Franken.
Ergebnis im Zeichen einer Abkehr weg von der Z-ECM-Quote
Das Interesse gilt insbesondere dem Wechsel von der firmeneigenen Z-ECM-Quote auf die SST-Quote, wobei die Abkürzung SST für "Swiss Solvency Test" steht. Von beiden Kennzahlen lässt sich das regulatorische Überschusskapital ableiten. Das wiederum entscheidet über die künftige Dividendenpolitik. Wie der Medienmitteilung entnommen werden kann, soll die SST-Quote künftig mindestens bei 160 Prozent liegen.
In den letzten Jahren strebte die Versicherungsgruppe stets eine Z-ECM-Quote zwischen 100 und 120 Prozent an. Ende September letzten Jahres lag die Quote mit rund 110 Prozent ziemlich genau in der Mitte dieser Zielbandbreite.
Die Dividendenrendite in Höhe von 5,3 Prozent gilt als eigentliche Hauptattraktion der Zurich-Aktie. Auch für 2020 will das Unternehmen wieder 20 Franken je Aktie ausschütten.
Morgan Stanley zeigt sich enttäuscht von der bei 182 Prozent liegenden SST-Quote. Selber hatte die US-Investmentbank mit einer Quote von 198 Prozent gerechnet. Sie macht nachträgliche Anpassungen der Erhebungen von Ende September für einen Grossteil dieser Differenz verantwortlich. Geht es nach Morgan Stanley, dann strebt Zurich Insurance mit dem Zielwert von "mindestens 160 Prozent" ein tieferes Überschusskapital als andere Schweizer Versicherer an. Angesichts der ansonsten soliden Geschäftsentwicklung hält die US-Investmentbank am "Overweight" lautenden Anlageurteil sowie am Kursziel von 435 Franken fest.
Ein zentrales Thema ist die SST-Quote auch für Kepler Cheuvreux. Der Broker schliesst nicht aus, dass die Börse enttäuscht auf das geringer als erhoffte Überschusskapital reagieren wird. Mit "mindestens 160 Prozent" bewege sich der neue Zielwert am unteren Ende der bisherigen Bandbreite für die Z-ECM-Quote, so Kepler Cheuvreux weiter. Der Broker rät mit "Buy" und einem Kursziel von 395 Franken zum Kauf der Aktie.