Die SP, die FDP, die Mitte, die Grünen und die Grünliberalen unterstützen die Stabilisierung und Erweiterung der bilateralen Abkommen mit der Europäischen Union (EU) grundsätzlich. Das geht aus den Stellungnahmen dieser Parteien hervor, welche nun alle der Nachrichtenagentur Keystone-SDA vorliegen. Die Vernehmlassung endete am Freitag.
Für die SP wäre angesichts der heutigen Herausforderungen allerdings ein noch umfassenderes Paket angezeigt gewesen, wie die Partei schrieb. Denn zahlreiche Probleme - wie beispielsweise der Klimawandel - liessen sich nicht innerstaatlich lösen. Auch dürften die ausgehandelten Kompromisse im Bereich Lohnschutz nicht aufgeweicht werden.
Für die FDP wiederum ist es zentral, dass die Mitbestimmung des Parlaments und der Kantone im Rahmen des «decision shapings» im Vergleich zur Vorlage deutlich verbessert wird. Das Parlament und die Kantone sollten hinsichtlich der dynamischen Rechtsübernahme schon bei Entstehung der entsprechenden Rechtsakte im Gesetzgebungs- und Integrationsverfahren der EU mitwirken können.
Die Mitte fordert bei der Umsetzung der «Bilateralen III» gezielte innenpolitische Nachbesserungen bei Zuwanderung und demokratischer Kontrolle, wie die Partei schrieb. Die Grünen fordern beim Stromabkommen und bei der Schutzklausel Nachbesserungen. Für die GLP sichern die Verträge den Marktzugang, stärken die Mitsprache der Schweiz und schaffen faire Regeln bei Differenzen.
SVP bekämpft die bilateralen Verträge
Als einzige grosse Partei der Bundesversammlung lehnt die SVP das ausgehandelte Paketabkommen ab. Die Partei spricht von einem «kolonialstaatlichen Unterwerfungsvertrag» und vom «Ende des bilateralen Wegs». Sie kritisiert insbesondere die institutionellen Elemente.
Die Kantone sehen im Vertragspaket eine «verlässliche Grundlage». Die Konferenz der Kantonsregierungen steht hinter dem Umsetzungsvorschlag des Bundesrats, erwartet aber, dass die Kantone bei Mehrausgaben oder Mindereinnahmen unterstützt würden.
Sozialpartner stellen sich hinter Verträge
Die Arbeitnehmerverbände Schweizerischer Gewerkschaftsbund (SGB) und Travailsuisse stehen ebenfalls hinter den ausgehandelten Verträgen. Sie stellen aber die Bedingung, dass das Parlament die vorgesehenen inländischen Lohnschutz-Massnahmen ohne Abstriche unterstützt.
Arbeitgeberseitig lehnt der Schweizerische Arbeitgeberverband (SAV) eine der insgesamt 14 inländischen Lohnschutz-Massnahmen ab. Die Massnahme, welche einen Ausbau des Kündigungsschutzes vorsehe, sei sachfremd, kritisierte der SAV. Gemäss dem Verband sind die Verträge aber insgesamt ein «ausgewogener Kompromiss».
Wirtschaft bleibt teilweise zögerlich
Die Abkommen bildeten eine «solide Grundlage» für die Stabilisierung und Weiterentwicklung des bilateralen Weges findet der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse. Auch er stellt Forderungen bei der inländischen Umsetzung und beantragt «schlanke, unternehmensfreundliche Umsetzung» der Abkommen.
Der Verband der Schweizer Tech-Industrie (Swissmem) unterstützt das Vertragspaket ebenfalls - sofern der liberale Arbeitsmarkt gewahrt wird. Bei der innenpolitischen Umsetzung im Bereich des Lohnschutzes brauche es aber Anpassungen, teilte der Verband mit. Zudem blieben gewisse staats- sowie migrationspolitische Bedenken bestehen.
Der Schweizerische Gewerbeverband (SGV), der insbesondere für die Interessen der Kleinen und Mittleren Unternehmen (KMU) einsteht, vertritt gegenüber den EU-Verträgen eine «kritische Haltung». Eine allfällige Zustimmung sei an Bedingungen geknüpft, so der Verband. So müssten eine spürbare Entlastung der KMU sowie die demokratische Mitwirkung sichergestellt werden.
Der Schweizer Bauernverband (SBV) befürwortet den bilateralen Weg grundsätzlich. Mit Blick auf die dynamische Rechtsübernahme und die unpräzise inländische Umsetzung fordert er einen besseren Einbezug der Branche. Er werde nach der Parlamentsdebatte endgültig Position beziehen.
Doppeltes Mehr ist umstritten
Umstritten unter den Vernehmlassungsteilnehmenden ist die Frage nach dem obligatorischen oder dem fakultativen Referendum. In dieser Frage ist der Bundesrat der Meinung, dass die Verträge einem fakultativen Referendum unterstehen müssten und dadurch bei einer allfälligen Abstimmung einzig ein Volksmehr für die Zustimmung nötig wäre. Dieser Meinung sind auch die FDP, die Grünen, die GLP und eine Mehrheit der Kantonsregierungen.
Für die SVP braucht es ein obligatorisches Referendum, sprich auch eine Mehrheit der Stände. Aufgrund seiner «fundamentalen Tragweite» müsse das EU-Vertragspaket Volk und Ständen unterstellt werden, so die Partei. Unterstützung erhält sie dabei von der Organisation Pro Schweiz, die die Verträge ebenfalls vollumfänglich ablehnt.
Zu dieser Frage hat sich die Mitte noch nicht positioniert. Sie werde sich gegen Ende der parlamentarischen Beratungen zur Verfahrensfrage äussern.
Dossier soll 2026 ins Parlament
Die Verabschiedung des Geschäfts ans Parlament wird laut dem Bundesrat voraussichtlich im ersten Quartal 2026 erfolgen. Das Aussendepartement wird nun die Antworten aus der Vernehmlassung auswerten und die Botschaft an die Eidgenössischen Räte vorbereiten.
(AWP)