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Neuer Adidas-Chef skizziert Lösung für Millionen Schuhe

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Gulden: "Verbrennen ist nicht die Lösung"

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Skandal um Kanye West beherrscht Adidas-Hauptversammlung

(neu: mehr Gulden zu Yeezy, interne Untersuchung, Kurs)

- von Alexander Hübner

Fürth, 11. Mai (Reuters) - Adidas will die milliardenschweren Restbestände der vom Skandal-Rapper Kanye West designten "Yeezy"-Schuhe nun doch noch auf den Markt bringen. Der neue Adidas-Chef Björn Gulden skizzierte auf der Hauptversammlung am Donnerstag in Fürth eine Lösung für die Millionen Paar Schuhe, die nach der Trennung von West auf Halde liegen: Der Sportartikelkonzern werde die Sneaker zum Teil verkaufen und dafür Geld an Organisationen spenden, die West mit seinen Äußerungen verletzt habe. "Die Ware zu verbrennen, ist nicht die Lösung", sagte Gulden. "Das ist eine unglaublich komplexe Geschichte. Es ist sehr, sehr schwierig." Für die Schuhe gebe es eine Nachfrage, und Kanye West habe immer noch viele Fans.

Adidas hatte den Vertrag mit West, der sich inzwischen "Ye" nennt, im Oktober aufgelöst. Er hatte immer wieder provoziert, antisemitische Äußerungen brachten das Faß aber zum Überlaufen. Seither liegen Millionen "Yeezy"-Schuhe mit einem Verkaufswert von 1,2 Milliarden Euro auf Halde, die bereits produziert sind, deren Verkauf aber gestoppt wurde. Für Adidas geht es um viel Geld: Würde man die Schuhe vernichten, die im Handel zuletzt für 300 bis 500 Euro pro Paar verkauft wurden, müsste der Konzern eine halbe Milliarde Euro darauf abschreiben - vom möglichen Gewinn abgesehen. Es gehe auch darum, "nicht die Riesenverluste zu haben", sagte Gulden. Die Adidas-Aktie zog gegen den Trend um zwei Prozent an.

Bei einem Verkauf der Ware stünden Kanye West aber auch die vereinbarten Provisionen zu. Andererseits hat Adidas ihn vor einem Schiedsgericht auf Schadenersatz verklagt. Das Verfahren stehe noch ganz am Anfang, sagte Finanzvorstand Harm Ohlmeyer vor den Aktionären. Wann der "Yeezy"-Verkauf starte und wie vielen Schuhe tatsächlich auf den Markt kommen, sei offen, sagte Gulden. "An diesen Dingen arbeiten wir." Gulden hatte auch erwogen, die Schuhe an Bedürftige zu verschenken. Das wurde aber verworfen, weil die Ware dann auf Umwegen wohl doch in den Markt gelangt wäre.

Gulden verteidigte die jahrelange Zusammenarbeit von Adidas mit dem Rapper - "so schwierig er war. Aber er ist vielleicht der kreativste Kopf in unserer Industrie." In seiner Zeit als Puma-Chef habe er Adidas um die Partnerschaft beneidet. Es sei aber richtig gewesen, sich von ihm zu trennen. Ohlmeyer betonte, Vorwürfe gegen West, er habe bei internen Treffen mit Adidas-Mitarbeitern Pornos gezeigt und Frauen belästigt, hätten sich in einer Untersuchung nicht bestätigt. Sein exzentrisches Verhalten habe aber "für ein herausforderndes Arbeitsumfeld" gesorgt. West war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.

Zeitweise hatte die "Yeezy"-Produktlinie für acht Prozent des Umsatzes von Adidas und einen hohen Teil des Gewinns gesorgt. Ohlmeyer sagte, der Vorstand habe seit Jahren versucht, sich mit Verträgen mit Sportlern und Künstlern weniger abhängig von Yeezy zu machen. Aktionärsvertreter kritisierten das lange Zögern von Adidas nach Wests Ausfällen. "Was fehlte, war eine schnelle Entscheidung", sagte Anwältin Ines Straubinger von der Aktionärsvereinigung DSW.

GULDEN WILL AUS FUSSBALL MODE MACHEN

Hoffnungsträger Gulden, der zum 1. Januar vom Rivalen Puma zu Adidas gewechselt war, will künftig wieder mehr den Sport in den Mittelpunkt stellen, um die Marke auch bei Freizeitkleidung attraktiver zu machen: "Wir werden alles tun, um Adidas wieder dorthin zu bringen, wohin es gehört." Adidas habe vor allem im Lifestyle-Bereich Probleme, räumte er vor den Aktionären ein, im roten Trainingsanzug, eine Hand in der Hosentasche. In den USA präge der Basketball die Straßenkultur. Davon will sich Gulden etwas abschauen: "Wir versuchen, den Fußball in die Mode zu bringen", etwa mit Trikots aus den 1970er Jahren.

Um dem größeren Rivalen Nike in den USA besser Paroli zu bieten, will Gulden mehr Produkte dort entwickeln lassen und habe dafür ein Büro in Los Angeles eröffnet. "Man kann nicht in Herzogenaurach sitzen und eine Street Culture in USA schaffen", sagte er. "Aber wir sollten nicht Nike kopieren, wir wollen anders sein." Auch bei der Rendite wolle Adidas dem Erzrivalen nicht nacheifern: "Lasst uns mit zehn Prozent zufrieden sein." Zu große Gier verleite dazu, Fehler zu machen. (Bericht von Alexander Hübner Mitarbeit: Helen Reid redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)