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Streik von Sonntag 22.00 Uhr bis Dienstagnacht 24.00 Uhr geplant

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Bahn: Irrsinniger Streik ist grundlos

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Güterverkehr wird durch Länge des Ausstands hart getroffen

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EVG: Deutsche Bahn hat noch Chance, Streik zu verhindern

(Neu: Pressekonferenz EVG, Deutsche Bahn, Hintergrund)

- von Markus Wacket

Berlin, 11. Mai (Reuters) - Millionen Bahn-Reisende müssen sich auf Zugausfälle und Verspätungen im längsten Streik im diesjährigen Tarifkonflikt einstellen. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) will ab Sonntagabend 22.00 Uhr bis Dienstagnacht 24.00 Uhr bundesweit über 50 Stunden praktisch den gesamten Bahn-Verkehr lahmlegen, wie die EVG am Donnerstag ankündigte. Er soll die Deutsche Bahn und fast alle der rund 50 weiteren Bahnen treffen. Die Gewerkschaft begründete dies mit den stockenden Gesprächen vor allem bei der Deutschen Bahn: "Die Geduld der Beschäftigten ist jetzt wirklich zu Ende nach knapp drei Monaten", sagte Verhandlungsführerin Cosima Ingenschay. Allerdings machte die Gewerkschaft deutlich, dass die Deutsche Bahn noch etwas Zeit habe, mit einem verbesserten Angebot den Ausstand zu verhindern. Der Staatskonzern sprach von einem irrsinnigen und grundlosen Streik.

Bereits Ende März hatte die EVG gemeinsam mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi den Verkehr in Deutschland weitgehend lahmgelegt. Ende April legte die EVG mit einem achtstündigen Warnstreik bei den Bahnen nach. Bei den vergangenen Streiks hatte die Bahn gerade im Fernverkehr die Züge schon deutlich vor Beginn des Ausstands abgestellt. Damit soll verhindert werden, dass IC oder ICE nicht in kleineren Bahnhöfen abgestellt werden, was den Neustart nach dem Streik erschweren würde.

Ingenschay betonte, eigentlich wolle man nicht die Fahrgäste treffen, man wisse aber das man dies tue. "Wir müssen in dieser Länge streiken, weil wir dann einfach auch stärkere wirtschaftliche Auswirkungen haben." Sie verwies auf den Güterverkehr, wo ein Ausstand sich dann erst dann voll auswirke.

Bahn-Personalvorstand Martin Seiler zeigte sich empört: "Dieser irrsinnige Streik ist völlig grundlos und restlos überzogen." Denn eine Lösung sei möglich. "Das ist quasi ein Vollstreik ohne Urabstimmung. Millionen Reisende kommen nicht dahin, wo sie hinwollen, zur Schule, zur Arbeit, zu ihren Lieben." Die EVG wolle partout nicht verhandeln.

Die Auswirkungen des Streiks würden massiv sein und auch den Güterverkehr hart treffen, sagte Seiler. "Es muss mit erheblichen Auswirkungen auf den gesamteuropäischen Güterverkehr gerechnet werden. Sechs von zehn europäischen Frachtkorridoren führen über das deutsche Schienennetz."

EVG: BAHN KÖNNTE MIT NEUEM ANGEBOT STREIK NOCH ABWENDEN

Die Gewerkschaft verhandelt für rund 230.000 Beschäftigte bei rund 50 Bahn- und Busunternehmen und pocht auf zwölf Prozent mehr Lohn, mindestens aber 650 Euro im Monat mehr. Die Bahn will sich am Abschluss des öffentlichen Dienstes orientieren. Die Offerte des Staatskonzerns umfasst rund zehn Prozent mehr Lohn für untere und mittlere Einkommen, acht Prozent mehr Geld für höhere sowie zusätzlich 2850 Euro Inflationsausgleichsprämie für alle. Zuletzt kam die Bahn der EVG zwar bei der Verankerung des Mindestlohns in den Tariftabellen entgegen, die Gewerkschaft hält dies aber für unzureichend beziehungsweise für unklar formuliert. Sie fürchtet, dass in den unteren Lohngruppen die Bahn die Lohnerhöhungen deckeln wolle.

Der Co-Verhandlungsführer der EVG, Kristian Loroch, sagte, die Deutsche Bahn spreche zwar von einem Missverständnis. Sie habe dies aber nicht klargestellt. "Der Arbeitgeber hat noch die Chance, das zu verhindern", sagte Loroch mit Blick auf den geplanten Streikbeginn am Sonntag. Man stehe mit der Bahn ständig im Kontakt. Regulär wäre die nächste Verhandlungsrunde erst in knapp zwei Wochen.

Nicht erfasst werden sollen vom Ausstand einige Wettbewerber der Deutschen Bahn, die verhandlungsfähige Angebote vorgelegt hätten. Die EVG nannte die Eurobahn, die etwa in Niedersachsen und NRW im Regionalverkehr fährt. Da die EVG aber auch Stellwerke des Schienennetzes der Deutschen Bahn bestreikt, dürfte auch hier der Verkehr deutlich eingeschränkt werden. (Redigiert von Hans Seidenstücker Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)