Ukrainische Truppen seien in den strategisch wichtigen Ort Robotyne vorgedrungen, schrieb die stellvertretende Verteidigungsministerin Hanna Maljar am Dienstag auf Telegram. Die Evakuierung des Ortes werde derzeit organisiert, die Soldaten kämen aber immer noch unter Beschuss von russischen Truppen. Robotyne befindet sich zehn Kilometer südlich des an der Front gelegenen Ortes Orichiw in der Oblast Saporischschja. Dort verläuft die Strasse nach Tokmak, ein von Russland besetzter Verkehrsknotenpunkt.

Auf einem Video des ukrainischen Militärs ist zu sehen, wie eine Frau ukrainische Soldaten küsst. "Wir sind den Jungs sehr dankbar", sagt eine ältere Frau. Reuters konnte verifizieren, dass das Video aus der Gegend um Robotyne stammt. Allerdings konnte der Zeitpunkt der Aufnahme nicht verifiziert werden. Eines der Hauptziele der laufenden ukrainischen Gegenoffensive im Südosten des Landes ist der Vorstoss weiter zur Stadt Melitopol unweit der Küste zum Asowschen Meer. Damit hätten die ukrainischen Streitkräfte einen Keil in die russische Besatzung entlang der Küste getrieben.

Die von Russland 2014 völkerrechtswidrig annektierte Halbinsel Krim wäre dann von Norden aus nicht mehr über russisch besetztes Gebiet erreichbar, was die Nachschubwege beeinträchtigen würde. Ein auf Kriegsforschung spezialisiertes US-Institut hat den Ort Robotyne als "taktisch bedeutsam" beschrieben. Vorstösse in diesem Gebiet könnten die ukrainischen Streitkräfte demnach dazu befähigen, über die dichten russischen Minenfelder hinaus zu operieren.

«Mit Hochdruck dran»

Vor allem die Minenfelder entwickeln sich immer mehr zum Hauptgrund dafür, dass die ukrainische Gegenoffensive nicht so vorankommt, wie von der Regierung in Kiew und ihren Verbündeten erhofft. Darauf verwies am Dienstag auch Bundesaussenministerin Annalena Baerbock. In Berlin forderte die Grünen-Politikern, die ukrainischen Streitkräfte mit Waffen auszustatten, um die Minenfelder überwinden zu können. Es gebe "riesengrosse Minengürtel, vor allen Dingen im Osten der Ukraine", die in etwa der Grösse Westdeutschlands entsprächen. Deswegen brauche die Ukraine Material, um diese Minenfelder zu überwinden. "Da sind wir mit Hochdruck (...) dran", sagte Baerbock auf die Frage, ob und wann Deutschland die von der Ukraine geforderten Taurus-Marschflugkörper liefern werde.

Bundeskanzler Olaf Scholz zögert nach wie vor, ob Deutschland der Ukraine Taurus-Raketen zur Verfügung stellen soll. Taurus ist eine Mittelstrecken-Rakete aus deutscher Herstellung mit einer Reichweite von bis zu 500 Kilometern. Scholz hat sein Zögern bislang damit begründet, dass mit den Raketen keine Ziele in Russland selbst angegriffen werden dürften, um die Lage nicht weiter eskalieren zu lassen. Deswegen soll die Industrie prüfen, ob die Reichweite der Raketen nicht auch reduziert werden kann.

Baerbock hielt dem entgegen, dass die Ukraine von ihrem Grenzgebiet zu Russland im Norden aus ohnehin bereits mit Raketen Ziele in Russland beschiessen könnte. Insofern sei die Frage der Reichweite nicht entscheidend, sagte sie bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem estnischen Aussenminister Margus Tsahkna.

(Reuters)