«Es war eine Konferenz der kleinen Schritte» sagte Wertli in der Nacht auf Sonntag. Die Uno-Klimakonferenz in Brasilien (COP 30) ist am Samstag nach fast 20 Stunden Verlängerung ohne eine verbindliche Bekenntnis für eine Abkehr von Öl, Kohle und Gas zu Ende gegangen. Stattdessen hat Brasilien einen Fahrplan dafür auf freiwilliger Basis angekündigt.

«Auch das ist eine Antwort, wenn auch eine weniger konkrete», kommentierte Wertli. Beschlüsse der Uno-Klimakonferenz müssen im Konsens gefasst werden. Gegen eine Verankerung des Fahrplans zur Abkehr von Kohle, Öl und Gas hatten sich insbesondere Öl exportierende Staaten wie Saudi-Arabien gestellt, auch China wollte nicht mitziehen.

Weitere Fortschritte seien im Bereich der Anpassung erzielt worden: Den Entwicklungsländern wurde zugesagt, die finanzielle Unterstützung für ihre Anpassung an die Folgen der Erderwärmung bis 2035 mindestens zu verdreifachen. Ausserdem sei es laut Wertli als Erfolg zu werten, dass trotz der schwierigen geopolitischen Lage Vertreterinnen und Vertreter von fast 200 Staaten an den Verhandlungen teilgenommen haben.

NGO sehen Schweiz in der Verantwortung

Auch Umwelt- und Hilfsorganisationen ziehen eine gemischte Bilanz zum Klimagipfel. WWF Schweiz, Fastenaktion und Alliance Sud kritisieren schwache Kompromisse, insbesondere beim Ausstieg aus fossilen Energien und bei der Klimafinanzierung - sehen aber auch einzelne Fortschritte wie den Mechanismus für eine «Just Transition».

Die Organisationen fordern, dass der Bundesrat nun seine Verantwortung wahrnimmt. «Die Schweiz setzte sich in Belém für eine starke Antwort auf die Reduktionslücke ein. Das ist positiv. Um aber glaubwürdig zu bleiben, muss sie jetzt ihre Hausaufgaben machen und die Reduktionslücke im Inland verringern», schrieb WWF Schweiz in einer Mitteilung vom Sonntag.

Nun sei es wichtig, die nächsten Schritte konsequent umzusetzen, betonte auch Wertli. Besonders von Bedeutung sei dabei, die «Wissenschaft zu verteidigen». Einige Länder wie Indien und China würden zunehmend versuchen, wissenschaftliche Erkenntnisse politisch abzuschwächen oder wirtschaftlichen Interessen unterzuordnen, warnte Wertli.

Rösti: «Es braucht die ganze Welt»

Bereits am Tag vor Abschluss der Konferenz hatte sich Bundesrat Albert Rösti am Freitagabend gegenüber Keystone-SDA geäussert. Die westlichen Länder, darunter die Schweiz, verträten die Ansicht, dass Dekarbonisierungsmassnahmen nur Wirkung entfalten könnten, wenn alle eingebunden seien, so Rösti: «Wenn wir schon dekarbonisieren, braucht es die ganze Welt».

«Wenn man das Pariser Klimaabkommen ernst nimmt, muss man auch Massnahmen treffen», gab der Schweizer Umweltminister zu bedenken. Sonst blieben alle Bemühungen ohne Einfluss auf die Entwicklung des Klimas.

An der Konferenz hat Rösti mit Sambia und der Mongolei je ein Klima-Abkommen unterzeichnet, wie das Bundesamt für Umwelt am Sonntag bekanntgab. Das Klima-Übereinkommen von Paris ermöglicht es einem Land, Emissionsverminderungen durch Klimaprojekte im Ausland zu erzielen. Die neuen Abkommen schaffen die Rahmenbedingungen für solche Projekte. Was dadurch in diesen Ländern an CO2-Emissionen eingespart wird, kann sich die Schweiz an ihr Klimaziel anrechnen lassen.

2020 hat die Schweiz den weltweit ersten Vertrag dieser Art mit Peru unterzeichnet; danach folgten ähnliche Abkommen mit Ghana, Senegal, Georgien, Vanuatu, Dominica, Thailand, der Ukraine, Marokko, Malawi, Uruguay, Chile, Kenia, Tunesien und Uganda.

(AWP)