Das einflussreiche Direktoriumsmitglied der US-Notenbank Fed Christopher Waller hat am Freitag konstatiert, die Zentralbank habe im Kampf gegen die ausufernde Inflation noch "nicht viele Fortschritte" erreicht. Insbesondere bei der Kerninflation, also der Teuerungsrate ohne die schwankungsanfälligen Energie- und Lebensmittelpreise - sei keine Abwärtsbewegung ersichtlich. "Die Geldpolitik muss weiter gestrafft werden", so sein Fazit in einer Rede in San Antonio im Bundesstaat Texas.

Währungshüter Raphael Bostic wähnt die Fed noch einen Schritt vom Zinsgipfel entfernt. Anders als Waller sieht er die Fed allerdings bei der Inflationsbekämpfung auf gutem Weg zu ihrem Ziel einer Inflationsrate von 2,0 Prozent.

Finanzmärkte rechnen für Mai fest mit weiterem Zinsschritt

Die jüngsten Wirtschaftsdaten liessen darauf schliessen, dass nur noch eine Zinserhöhung nötig sei, betonte der Chef des Fed-Bezirks Atlanta im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters. Dabei erwähnte er explizit den Rückgang der Inflationsrate und die langsamer steigenden Erzeugerpreise in den USA. "Wir haben viel Schwung, der darauf hindeutet, dass wir auf dem Weg zu 2 Prozent sind."

Die Jahresteuerungsrate sank im März um einen vollen Prozentpunkt auf 5,0 Prozent. Die Fed kann das Abebben der Inflationswelle nach neun Zinserhöhungen in Folge als Etappensieg verbuchen. Doch die hartnäckig hohe Kern-Inflation macht ihr zu schaffen. Diese stieg im März auf 5,6 Prozent von 5,5 Prozent im Februar. Die Entwicklung gilt als besorgniserregend, da sich die sogenannte zugrundeliegende Inflation zu verfestigen droht.

Zehnte Zinserhöhung in Folge naht offenbar

Die Finanzmärkte sahen sich nach den Äusserungen des einflussreichen Fed-Direktors in der Erwartung bestätigt, dass die Fed die Zinsen bei ihrer nächsten Sitzung Anfang Mai um einen Viertelprozentpunkt anheben wird. Die Chancen für eine Erhöhung stehen demnach mehr als vier Mal höher als die für eine Pause. Die Zentralbank hat die Zinsen binnen Jahresfrist rasant nach oben geschraubt - von nahe null auf eine Spanne von 4,75 bis 5,00 Prozent. Sie will damit die Inflation eindämmen und den heiss gelaufenen Arbeitsmarkt abkühlen.

Währungshüter Bostic sieht noch Bedarf für eine Zinserhöhung

Laut Bostic beginnen die aggressiven Zinserhöhungen der Fed erst jetzt in der Wirtschaft so richtig zu greifen. Daher sei es nun begründet, nach einer weiteren Zinserhöhung innezuhalten. Fed-Direktor Waller dämpfte zugleich Erwartungen, dass das geldpolitische Niveau in naher Zukunft wieder sinken könne: "Die Geldpolitik wird für einen beträchtlichen Zeitraum straff bleiben müssen und länger als die Märkte erwarten", sagte er. 

(Reuters)