Mittelfristig könnten die US-Sanktionen gegen NIS ernsthafte Folgen für Serbien nach sich ziehen. So bezieht Serbien seine gesamten Rohöl-Importe über die kroatische Pipeline Janaf, die per Schiff angeliefertes Öl von der Adriaküste in die Mitte Europas transportiert. Aufgrund der US-Sanktionen wird es der Betreibergesellschaft der Janaf nicht mehr möglich sein, mit der NIS Geschäfte zu machen.
«Derzeit ausreichende Reserven»
Die zuständige Kontrollbehörde des amerikanischen Finanzministeriums (OFAC) aktivierte die Sanktionen gegen die NIS als Folge der gegen das russische Energieunternehmen Gazprom Neft verhängten Sanktionen. Mit der Schwächung der russischen Energiewirtschaft wollen die USA dem Kreml den Unterbau für die Finanzierung des Angriffskriegs gegen die Ukraine entziehen.
NIS beobachte die Lage seit der ursprünglichen Verhängung der US-Sanktionen im Januar dieses Jahres sehr genau, teilte das Unternehmen mit. Ihr Inkrafttreten hatte die neue US-Regierung unter Präsident Donald Trump mehrfach aufgeschoben. «Derzeit hat das Unternehmen ausreichende Reserven an Rohöl für den Raffinerieprozess und hält die reguläre Versorgung seiner Tankstellen mit allen Arten von Mineralölprodukten aufrecht», heisst es in der Mitteilung der NIS.
Gazprom Neft und die Gazprom-Tochter JSC Intelligence halten zusammen 56 Prozent der Anteile an der NIS. Der serbische Staat besitzt 30 Prozent des Aktienpakets, 14 Prozent entfallen auf Kleinaktionäre. Bemühungen der serbischen Regierung, die russischen Mehrheitseigentümer auszukaufen, brachten keine Ergebnisse. Experten zufolge hat Moskau kein Interesse daran, seinen politischen Einfluss auf Serbien durch den Verzicht auf die Teilhabe am wichtigsten Mineralölkonzern des Balkanlandes zu vermindern.
Belgrad trägt West-Sanktionen gegen Moskau nicht mit
Serbiens Präsident Aleksandar Vucic verfolgt selbst seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 eine eher russlandfreundliche Politik. So schloss sich sein Land bis heute nicht den westlichen Sanktionen gegen das kriegsführende Russland an. Die von Vucic kontrollierten Medien sowie in serbischer Sprache produzierte russische Medienprodukte verbreiten im Land prorussische und antiwestliche Propaganda.
NIS beschäftigt sich mit der Erschliessung von Erdöl und Erdgas in Serbien sowie mit dem Import dieser Energieträger, der zum überwiegenden Teil aus Russland erfolgt. Weiters betreibt NIS in Pancevo bei Belgrad die einzige funktionierende Raffinerie des Landes sowie ein eigenes Tankstellennetz. Wirtschaftlich aktiv ist sie unter anderem auch in Bosnien-Herzegowina, Bulgarien und Rumänien.
Vucic: «Keine Kanister am Strassenrand»
Serbiens Präsident Vucic steht abgesehen davon innenpolitisch unter enormem Druck, seitdem eine massive Protestbewegung Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in seinem Land fordert. Um die Bevölkerung zu beschwichtigen, sagte er neulich: «Es wird keine Benzinkanister am Strassenrand geben.»
Damit spielte er auf die Auswirkungen umfassender Handelssanktionen gegen das damalige Jugoslawien an, die der Westen wegen der Kriege in Kroatien und Bosnien verhängt hatte. Der dadurch ausgelöste Benzinmangel führte zu einem schwunghaften Schwarzhandel mit dem Treibstoff, der zu überteuerten Preisen am Strassenrand in Kanistern verkauft wurde./gm/DP/stk
(AWP)