Trotz der Serie von Zinserhöhungen in den USA zeigt sich der Arbeitsmarkt weiter gut in Schuss. Der Beschäftigungszuwachs im Dezember übertraf die Erwartungen sogar: Es entstanden 223'000 neue Stellen ausserhalb der Landwirtschaft, nach 256'000 im November, wie die Regierung in Washington am Freitag mitteilte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich 200'000 neue Jobs auf dem Zettel. Auch die getrennt erhobene Arbeitslosenquote überraschte. Sie fiel auf 3,5 von 3,6 Prozent im November. Zugleich liess der Lohndruck nach, was Spekulationen an den Terminmärkten befeuerte, dass die Notenbank Federal Reserve ihr Zinserhöhungstempo Anfang Februar weiter verringern könnte.
Nach Ansicht von Chefvolkswirt Thomas Gitzel von der Liechtensteiner VP Bank schlägt sich der US-Arbeitsmarkt trotz des Zinsstakkatos der Fed wacker: "Der Personaldurst bleibt gross - die Unternehmen nehmen einen kräftigen Schluck aus der Job-Pulle. Die Fed wird deshalb mit Zinsanhebungen fortfahren."
Die Notenbank will die hohe Inflation im Land von zuletzt 7,1 Prozent eindämmen und mit höheren Zinsen zugleich den heiss gelaufenen Arbeitsmarkt abkühlen. Sie hob den Leitzins im Dezember um einen halben Prozentpunkt an - auf die neue Spanne von 4,25 bis 4,50 Prozent. Zuvor hatte sie vier Mal in Folge noch grössere Zinsschritte vollzogen - um jeweils 0,75 Prozentpunkte. Die Währungshüter sehen mittlerweile erhebliche Fortschritte beim Eindämmen des hohen Preisauftriebs und wollen künftig einen weniger aggressiven Kurs steuern. An den Terminmärkten verstärkten sich nach den Arbeitsmarktdaten die Spekulationen, dass der Zins im Februar nur um einen Viertel-Prozentpunkt angehoben werden könnte.
Lohndruck im Fokus
Laut dem US-Währungshüter James Bullard erhöht ein anhaltend robuster Arbeitsmarkt die Chancen, dass es trotz der gestiegenen Zinsen konjunkturell in den USA zu einer "sanften Landung" kommt - also ein Konjunktureinbruch vermieden werden kann. Angesichts der auch 2023 rosigen Aussichten am Jobmarkt könne sich die Notenbank auf den Kampf gegen die Inflation konzentrieren. Während sich die Wirtschaft abkühle, werde auch der Preisauftrieb nachlassen, sagte der Chef des Notenbankbezirks St. Louis voraus.
Die Zentralbank schaut dabei auch auf die Entwicklung der Stundenlöhne, die im Dezember zum Vorjahr um 4,6 Prozent zulegten. Experten hatten hier einen Wert von 5,0 Prozent erwartet, nach 4,8 Prozent im November: "Da der Lohndruck nachzulassen scheint, dürften die Zinserwartungen kaum forciert werden", sagte Helaba-Ökonom Ulrich Wortberg. Nach Ansicht der meisten US-Währungshüter ist beim weiteren geldpolitischen Kurs "Flexibilität und Optionalität" gefragt - wohl ein Fingerzeig, dass die Zentralbank den Fuss weiter vom Gas nehmen wird.
(Reuters)