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Beide Parteien hoffen auf Erfolg bei Wahl am Sonntag

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Bürgermeister Bovenschulte dürfte Koalitions-Auswahl haben

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Grüne müssen um gutes Ergebnis zittern

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Sonderfall AfD: Nicht zur Wahl zugelassen

- von Andreas Rinke und Alexander Ratz

Berlin, 11. Mai (Reuters) - Wenn am Sonntag in Bremen eine neue Bürgerschaft gewählt wird, wird das Ergebnis die Republik nicht unbedingt erschüttern. Denn das bevölkerungsmäßig kleinste der 16 Bundesländer weist traditionell Besonderheiten auf und gilt schon deshalb nicht unbedingt als politischer Trendsetter für andere Teile Deutschlands. Dennoch warten vor allem SPD und FDP nach mehreren Umfragen gespannt auf das Ergebnis. Mehrere Erhebungen deuten zum einen darauf hin, dass Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) weiter regieren darf - das wäre ein Schub für die in der Wählergunst eher kränkelnde Kanzlerpartei. Und nach mehreren Wahlschlappen in Folge macht sich die FDP Hoffnungen, zumindest an der Weser über die fünf Prozenthürde zu springen. Noch wichtiger aus Sicht der SPD: Bovenschulte könnte als Chef der bisherigen Rotgrünroten-Koalition die Sozialdemokraten wieder zur stärksten Kraft machen und damit den Absturz in der Bundeshauptstadt Berlin etwas überdecken. Der SPD-Politiker geht gerne mit der Zahl hausieren, dass Bremen in den vergangenen beiden Jahren zusammen das stärkste Wirtschaftswachstum unter den Ländern aufzuweisen habe. Zudem bekommt Bovenschulte gute persönliche Zustimmungswerte. Er liegt in der sogenannten Direktfrage weit vor seinem CDU-Herausforderer, dem bisherigen Landtagspräsidenten Frank Imhoff.

Die CDU scheint den Aufstieg der Union, die bei der letzten Wahl stärkste Fraktion in der Bürgerschaft geworden war, nicht fortsetzen zu können. Sie will mit Themen wie Bildung und Innere Sicherheit punkten. Imhoff repräsentiert dabei wie die gesamte CDU in der Hansestadt eher den linken Rand der Bundes-Union. Eine Polarisierung um das Thema Flüchtlinge wird ausdrücklich abgelehnt, das Thema Klimaschutz dagegen betont.

GRÜNE UND FDP IN EINER KOALITION WOHL KEINE OPTION

Auch sonst zeigt sich im Wahlkampf keine Schärfe in der Auseinandersetzung der beiden Volksparteien - die sogar Koalitionspartner werden könnten. Auch wenn der SPD-Politiker Bovenschulte immer wieder die Arbeit seiner Regierung mit Grünen und Linken lobt: Sicher ist es nicht, dass das Bündnis fortgesetzt wird. Zwar können die Linken laut Umfragen mit rund zehn Prozent der Stimmen rechnen, gelten als verlässlich und bekommen wegen Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt bessere Kompetenzwerte in Wirtschaftsfragen als die CDU zugewiesen. Aber in der SPD wird darauf verwiesen, dass die mögliche Spaltung der Bundespartei ein Risiko auch für die Arbeit in Bremen berge.

Zudem schwächeln die Grünen, die vor wenigen Monaten in Umfragen noch bei 21 Prozent lagen. Nun sind die Werte für Bremen und Bremerhaven auf rund 13 Prozent abgesackt. Wahlbeobachter und Koalitionspartner führen dies auf zwei Gründe zurück: Zum einen verblasst gerade der Glanz der Bundespartei, die ebenfalls sinkende Umfragewerte verzeichnet. Zum anderen bekommt die Bremer Spitzenkandidatin, Verkehrssenatorin Maike Schäfer, sehr schlechte persönliche Werte. Ähnlich wie in Berlin gilt die grüne Verkehrspolitik mit dem Ziel einer "autofreien Innenstadt" als umstritten. Die SPD propagiert wegen der Proteste lieber eine "autoarme Innenstadt".

Ob zu den Koalitionsoptionen von Bovenschulte auch eine Ampel-Koalition zählt, gilt an der Weser als sehr fraglich. Denn Grüne und FDP sind dort weiter voneinander entfernt als auf Bundesebene - und haben im Wahlkampf deutlich gemacht, nicht miteinander koalieren zu wollen. Dies würde dann auch ein Jamaika-Bündnis aus CDU, Grünen und FDP unmöglich machen. Dennoch will Generalsekretär Bijan Djir-Sarai eine Regierungsbeteiligung nicht ausschließen. "Ich halte eine Machtoption der FDP für möglich."

Eine Besonderheit der Wahl ist, dass die Rechtspartei AfD, die bundesweit im Umfragen-Aufwind ist, in Bremen nach einem Gerichtsurteil nicht antreten darf. Der Grund: Der Landesverband ist so zerstritten, dass gleich zwei konkurrierende Listen der Partei angemeldet wurden. Nun versammeln sich die Proteststimmen bei der Gruppierung "Bürger in Wut", die seit dem AfD-Ausschluss in Umfragen von drei auf neun Prozent sprang. Eine Regierungsbeteiligung gilt als ausgeschlossen. (Bericht von Andreas Rinke; redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)