Die Aktie gab am Vormittag deutlich nach und bildete mit einem Minus von mehr als vier Prozent das Schlusslicht im Leitindex Dax . "Ziemlich enttäuschend" fand Deutsche-Bank-Analyst Gael de-Bray den Quartalsbericht. Dieser habe die Vorgaben für das Digitalgeschäft gesenkt. Umsatz, operatives Ergebnis und die Profitabilität hätten die Erwartungen verfehlt. Der Lagerabbau auf dem Absatzmarkt China habe die Sparte Automation belastet, bemerkte Jefferies-Analyst Simon Toennessen. Das sei im Aktienkurs aber bereits eingepreist. Im Fokus stehe klar das Digitalgeschäft, das hinter den Erwartungen zurückgeblieben sei.

Das Quartal habe gemischte Signale geliefert, schrieb auch Mark Fielding von RBC. Das Industriegeschäft sei schwach gewesen und habe wegen der Sparte Digital Industries und der Medizintechniktochter Siemens Healthineers die Erwartungen verfehlt. Auf Konzernebene bewirkten geringere Kosten, dass die Ergebnisse unter dem Strich den Erwartungen entsprochen hätten. JPMorgan-Analyst Andrew Wilson stellte als positiven Aspekt einen deutlich besser als erwartet ausgefallenen Auftragseingang heraus. Mit der Ausnahme des Digitalgeschäfts habe der Industriekonzern gute Zahlen vorgelegt, notierte Philip Buller von Berenberg.

Siemens hatte in den vergangenen zwei Geschäftsjahren stark von hohen Bestellungen in den digitalen Geschäften profitiert, nachdem Kunden aus Furcht vor Lieferengpässen Aufträge vorgezogen haben. Dies normalisiere sich nun, sagte Konzernchef Roland Busch in einer Telefonkonferenz nach Veröffentlichung der Zahlen. So würden Lagerbestände zunächst eher abgebaut, was zu einer schwächeren Auftragsentwicklung in dem Bereich führe.

Eine geringere Nachfrage bei bestimmten Produkten, insbesondere in der Automation sowie einige Projektverschiebungen im Softwaregeschäft hätten das Wachstum der Sparte Digital Industries (DI) gebremst. In China erhole sich der Markt für die industrielle Produktion zudem langsamer als erwartet. DI konnte in den Monaten April bis Juni bei Umsatz und Ergebnis zwar erneut zulegen, blieb aber laut Finanzvorstand Ralf Thomas hinter den eigenen Erwartungen zurück.

Der Finanzchef geht davon aus, dass sich das abschwächende Bestellverhalten auch im vierten Quartal und bis in das Geschäftsjahr 2024 hinein fortsetzen wird. Für das laufende Geschäftsjahr erwartet Siemens daher für das Geschäft ein geringeres Umsatzwachstum als bisher, auch die Marge dürfte leicht niedriger ausfallen als zunächst in Aussicht gestellt.

Im Siemens-Konzern stieg der Umsatz in den drei Monaten bis Ende Juni um sechs Prozent auf knapp 18,9 Milliarden Euro, wie das Unternehmen in München mitteilte. Das um Währungs- und Portfolioeffekte bereinigte vergleichbare Plus lag bei zehn Prozent. Damit schwächte sich das Wachstum im Vergleich zum Vorquartal ab. Das Ergebnis im industriellen Geschäft, welches die operative Entwicklung der Kernbereiche misst, ging dabei um vier Prozent auf 2,75 Milliarden Euro zurück. Allerdings hatte Siemens im vergangenen Jahr einen Sondergewinn aus dem Verkauf von Unternehmensteilen erzielt. Analysten hatten sich hier etwas mehr erwartet.

Unter dem Strich erzielte Siemens einen Gewinn nach Steuern von 1,4 Milliarden Euro. Im Vorjahr war hier wegen Belastungen durch den Rückzug aus Russland sowie die Wertberichtigung auf die Beteiligung von Siemens Energy ein Verlust von 1,5 Milliarden Euro angefallen.

Die Auftragslage zeigte sich insgesamt weiter robust, der Auftragseingang stieg um zehn Prozent auf 24,2 Milliarden Euro. Digital Industries verzeichnete dabei prozentual zweistellige Rückgänge, insbesondere im Automatisierungsgeschäft. Insgesamt sitzt Siemens auf einem Auftragsbestand von 110 Milliarden Euro.

Die Mitte Mai erhöhte Jahresprognose bestätigte Siemens und geht für den Konzern weiter von einem vergleichbaren Umsatzwachstum von neun bis elf Prozent aus. Der Gewinn je Aktie vor bestimmten Kaufpreiseffekten für Übernahmen soll auf 9,60 bis 9,90 Euro steigen.

Nicht enthalten ist darin die schwächelnde Beteiligung an dem Energietechnikkonzern Siemens Energy. Die massiven Verluste im Windgeschäft bei Siemens Energy seien "eine schwere Enttäuschung", sagte Busch. "Wir sind nicht zufrieden und erwarten uns mehr Klarheit nach vorne", so der Manager. Bei dem Energietechnikkonzern verschlingt die Reparatur mangelhafter Windräder Milliarden, zudem führen gestiegene Kosten dazu, dass Neuprojekte nur wenig bis gar nicht profitabel abgearbeitet werden können.

Siemens hatte zuletzt 6,8 Prozent an der Beteiligung an seinen Pensionsfonds übertragen und hält seitdem direkt noch 25,1 Prozent. Busch bekräftigte, die Anteile weiter reduzieren zu wollen./nas/men/jha/