Die Europäische Union fürchtet Dumpingpreise wegen überhöhter Subventionen, die die hiesigen Hersteller benachteiligen würden, und prüft deswegen sogar Strafzölle. Doch ein Blick auf Preislisten und in Autohäuser zeigt: Zumindest im Moment stellt sich die Lage anders dar. So verkauft der grösste chinesische Elektroautobauer BYD seine Fahrzeuge im Ausland deutlich teurer als in der Volksrepublik. Das Ziel von BYD: Die Gewinne einfahren, die das Elektroautogeschäft auf dem Heimatmarkt angesichts des harten Preiskampfs nicht bietet.

Wirft man einen Blick auf die Preise, dann wird deutlich, wie hoch der Aufschlag in Europa ist. Etwa beim BYD Atto 3, einem kleinen SUV: In Deutschland kostet er mit knapp 40.000 Euro mehr als doppelt so viel wie in China, er liegt beim Preis ungefähr auf dem Niveau vergleichbarer Modelle europäischer Hersteller. Je nach Version kostet die Limousine Seal in Deutschland knapp 60 Prozent mehr als in China. BYD äusserte sich nicht zur Preisgestaltung.

Im März sagte BYD-Chef Wang Changfu bei einer nicht-öffentlichen Veranstaltung, dass BYD auf Exporte setzt, um seine Profitabilität nach oben zu treiben - weil auf dem Heimatmarkt derzeit wenig zu holen ist. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Autobauer ihre Fahrzeuge auf unterschiedlichen Märkten zu unterschiedlichen Preisen verkaufen.

Doch so hoch wie bei BYD seien die Preisunterschiede selten, sagte Sam Fiorani, Experte beim Analysehaus AutoForecast Solutions. «Üblicherweise ist die Spanne bei weltweit verkauften Autos enger.» Der US-Anbieter Tesla etwa verkauft sein in China gebautes Model 3 in Europa ungefähr ein Drittel teurer als in der Volksrepublik.

Gründe für die Preisaufschläge

Ein Teil der Preisaufschläge lässt sich mit den Zusatzkosten für den Transport der Fahrzeuge erklären. Schiffskapazitäten sind derzeit knapp, wenngleich BYD mit dem Aufbau einer eigenen Flotte begonnen hat und der erste Autofrachter des Unternehmens bereits in Deutschland angekommen ist. Auch der Aufbau einer Vertriebsorganisation kostet. Dazu kommen die nötigen Anpassungen der Autos an die europäischen Regeln, etwa bei den Themen Sicherheit oder Datenschutz. Doch der Preisaufschlag bei BYD übersteigt diese Zusatzkosten deutlich.

Die Analysefirma A2MAC1 hat sich mit den BYD-Fahrzeugen beschäftigt und einige Besonderheiten ausgemacht. So ist die europäische Version des Kleinwagens Dolphin etwas länger, verfügt über eine grössere Batterie, zusätzliche Sensoren und eine andere Radaufhängung. Die Importkosten mit eingeschlossen, dürfte BYD dennoch in Europa knapp 7000 Euro mehr Gewinn je Fahrzeug machen als in China, wie A2MAC1 für Reuters berechnete.

Kostenvorteile beim Bau

Für Nervosität bei einigen europäischen und US-Autoherstellern sorgt, dass BYD in China vergleichsweise günstig produzieren kann. Experten verweisen darauf, dass das Unternehmen alle Produktionsschritte auf Effizienz getrimmt hat, von den Rohstoffen über die Produktion der Batterien bis zur Montage. Dazu kommen die günstigeren Personalkosten.

Wenn BYD nun seine Fahrzeuge zu vergleichsweise hohen Preisen in Europa verkauft, bringt das umso mehr Geld in die Kasse und lässt zugleich Platz für Preissenkungen, sagen Produktions-Fachleute. Derzeit seien Chinas Autobauer zufrieden mit ihren Exportpreisen, sagte Ben Townsend, Experte bei dem britischen Fahrzeugsicherheits-Dienst Thatcham Research. «Sie wollen den europäischen Markt nicht unterbieten. Sie wollen Profite einfahren.»

2023 exportierte BYD ungefähr 240.000 Fahrzeuge, ungefähr acht Prozent seiner gesamten Produktion. In diesem Jahr könnten es 400.000 werden. Und auch wenn der Preis kein Schnäppchen ist im Vergleich zu europäischen Herstellern wie Volkswagen oder Opel, so enthalten die Fahrzeuge Zusatzausrüstung, die sich andere Autobauer teuer bezahlen lassen.

BYD und andere Hersteller wollen das Stigma der chinesischen Billiganbieter loswerden, sagte Bo Yu, beim britischen Analysehaus Jato Dynamics zuständig für China. Stattdessen seien für sie auch die Wiederverkaufswerte wichtig. «Chinesische Autobauer befinden sich in der Phase des Markenaufbaus.»

(Reuters)