Tokio, 19. Okt (Reuters) - In Japan ist nach einem Medienbericht der Weg für Sanae Takaichi zum Aufstieg zur ersten Ministerpräsidentin des Landes frei. Ihre seit vielen Jahren regierende konservative LDP und die Oppositionspartei Ishin haben sich grundsätzlich auf die Bildung einer Koalition geeinigt, meldete die Nachrichtenagentur Kyodo am Sonntag. Takaichi und der Vorsitzende der kleineren, rechtsgerichteten Ishin-Partei, Hirofumi Yoshimura, sollen die Vereinbarung am Montag unterzeichnen. Den Plänen zufolge soll Takaichi am Dienstag im Parlament zur neuen Regierungschefin gewählt werden.

Die Ishin-Partei werde zunächst darauf verzichten, Minister in Takaichis Kabinett zu entsenden, hiess es bei Kyodo. Um Ishin für eine Zusammenarbeit zu gewinnen, bot die LDP an, auf ein Verbot von Spenden von Unternehmen und anderen Organisationen hinzuarbeiten. Zudem stellte sie eine Befreiung von Lebensmitteln von der Mehrwertsteuer in Aussicht. Ishin hatte eine zweijährige Aussetzung der Steuer auf Lebensmittel vorgeschlagen.

Takaichis Weg an die Regierungsspitze schien nach ihrem Sieg bei der Wahl zur LDP-Vorsitzenden Anfang des Monats bereits sicher. Dann jedoch verliess die Komeito-Partei die seit 26 Jahren bestehende Koalition mit der LDP. Dies löste eine Reihe von Verhandlungen mit konkurrierenden Parteien aus, um eine Mehrheit für die Wahl des nächsten Regierungschefs zu sichern. Die nun gefundene Lösung gilt als weniger stabil als die bisherige Allianz, da die LDP mit der Komeito-Partei ein vollwertiges Bündnis unterhalten hatte.

Takaichi gilt als Befürworterin einer lockeren Fiskalpolitik. Sie hat höhere Ausgaben und Steuersenkungen gefordert, um die Verbraucher von der steigenden Inflation zu entlasten. Zudem kritisierte sie die Entscheidung der japanischen Zentralbank, die Zinssätze anzuheben. Sie befürwortet eine Änderung der pazifistischen Nachkriegsverfassung Japans, um der wachsenden Rolle des Militärs Rechnung zu tragen. Takaichi besucht regelmässig den umstrittenen Yasukuni-Schrein, in dem der japanischen Kriegstoten gedacht wird, darunter auch hingerichtete Kriegsverbrecher. Sie wird daher von einigen asiatischen Nachbarn als Symbol für den früheren Militarismus des Landes angesehen.

Die frühere Innenministerin Takaichi folgt dem LDP-Ministerpräsidenten Shigeru Ishiba, der im September nach einer Reihe von Wahlniederlagen zurückgetreten war. In der Bevölkerung wuchs unter anderem der Unmut über gestiegene Lebenshaltungskosten. (Bericht von Kiyoshi Takenaka, geschrieben von Hans Busemann. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)