Ex-Konzernchef Braun verarmt - Zielscheibe Wirtschaftsprüfer

An erster Stelle einer Liste von insgesamt elf Beklagten steht der frühere Wirecard-Vorstandschef Markus Braun, auf dem zweiten Platz die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY. Letztere ist die eigentliche Zielscheibe der Schadenersatzforderungen. Denn der einstige Milliardär Braun hatte den grössten Teil seines Vermögens in Wirecard-Aktien angelegt. Dementsprechend erlitt Braun durch die Wirecard-Pleite selbst horrende Verluste. Braun hat von Beginn an sämtliche Vorwürfe bestritten, EY weist die Schadensersatzklagen als unbegründet zurück.

Anleger sehen sich durch falsche Informationen zum Kauf der Aktien verleitet

Geschädigte Anleger können dann auf Entschädigung hoffen, wenn sie wegen vorsätzlich falscher Informationen die jeweiligen Aktien kauften. Im Fall Wirecard waren es die mutmasslich frei erfundenen Gewinne in den Bilanzen des Konzerns - mehrmals bestätigt durch die Abschlussprüfer von EY. Erst im Jahr 2020 verweigerten die Prüfer das Testat für die Wirecard-Bilanz des Vorjahres.

Münchner Zivilgerichte kämpfen mit Wirecard-Lawine

Das zivilrechtliche Musterverfahren läuft parallel, aber getrennt vom Wirecard-Strafprozess, in dem Braun seit knapp zwei Jahren als Hauptangeklagter unter Betrugsverdacht vor Gericht steht. Das Musterverfahren soll die rechtliche Aufarbeitung der Schadenersatzforderungen vereinfachen und beschleunigen. Denn solange das Musterverfahren andauert, sind die übrigen Klagen ausgesetzt. Sonst müssten alle 8.500 Klagen vom Landgericht München I separat verhandelt und entschieden werden.

Das Urteil im Musterprozess wird aber nicht automatisch die Entscheidung über alle 8.500 Klagen bedeuten, sondern wird als eine Art Blaupause für die übrigen Verfahren dienen. Abgesehen von den 8.500 Klägern haben noch 19.000 weitere Wirecard-Anleger Forderungen bei Gericht angemeldet.

Urteil frühestens in einigen Jahren

Das bedeutet jedoch nicht, dass das Musterverfahren eine kurze Angelegenheit werden wird. Das Oberste Landesgericht geht davon aus, dass wegen der Komplexität des Verfahrens eine mehrjährige Dauer unvermeidlich sein wird, wie ein Sprecher mitteilte. Musterklägeranwalt Peter Mattil ist vergleichsweise optimistisch und schätzt, dass ein Urteil in erster Instanz bereits in drei Jahren ergehen könnte./cho/DP/zb

(AWP)