Mit Worldcoin verfolgt Sam Altman ähnlich ehrgeizige Ziele wie mit seiner KI-Firma OpenAI. Das Krypto-Projekt soll Nutzern einen fälschungssicheren digitalen Identitätsnachweis zur Verfügung stellen, der gleichzeitig deren Privatsphäre schützt. Parallel dazu gibt Worldcoin eine eigene Cyber-Währung heraus. "Wir glauben, dass Worldcoin im Erfolgsfall eine zuverlässige Lösung zur Unterscheidung von Menschen und KI im Internet unter Wahrung der Privatsphäre sein", schreiben Altman und sein Worldcoin-Mitgründer Alex Blania auf ihrer Webseite.

Das soll ein Problem in Angriff nehmen, das sich durch den Aufstieg Generativer Künstlicher Intelligenz (KI) wie den von OpenAI entwickelten Chatbot ChatGPT in den vergangenen Monaten verschärft hat: Diese Programme können menschliche Interaktion simulieren und erschweren es menschlichen Nutzern, im Internet zwischen Software und echten Personen zu unterscheiden. Gleichzeitig zittern Millionen um ihre Jobs, weil KI komplexe Texte oder Präsentationen binnen Sekunden erstellen können.

Mit biometrischen Daten zum Ausweis

Um sicherzustellen, dass ausschließlich echte Menschen eine sogenannte World ID erhalten, müssen Interessierte ihre Augen in speziellen Registrierungszentren mit einem "Orb", einem silbernen Ball von der Größe einer Bowling-Kugel, scannen lassen. Auf Grundlage dieses Abbilds der bei jedem Menschen einzigartigen Iris oder Regenbogenhaut wird der digitale Ausweis erstellt. Diesen speichern die Nutzer in einer Software, der sogenannten Wallet. Mit der World ID sollen sie sich künftig beispielsweise in Online-Shops anmelden und ausweisen können.

Die Verarbeitung sensibler biometrischer Daten durch Worldcoin ist Datenschützern allerdings ein Dorn im Auge. "Hier geht es um nichts weniger als ein weltweites Identitätsregister in privater Hand", warnt Michael Will, der Chef des Bayerischen Landesamts für Datenschutzaufsicht (BayLDA), in einem Gespräch mit Reuters-TV. "Ein extrem ambitioniertes Unterfangen, das ambitionierte, klare Anforderungen verlangt." Dies gelte auch für die Daten-Sicherheit. "Was da entsteht, ist für alle Hacker ein Schatz an Informationen." Die französischen und britischen Behörden nehmen das Projekt ebenfalls genauer unter die Lupe. Kenia stoppte am Mittwoch sämtliche Aktivitäten von Worldcoin in dem afrikanischen Land. Die Behörden müssten erst feststellen, dass das Projekt keine Risiken für die Bürger berge.

Worldcoin-Europachef Ricardo Macieira weist Datenschutz-Bedenken in einem Interview mit Reuters-TV als unbegründet zurück. "Privatsphäre ist für uns etwas Selbstverständliches. Man kann sich als Mensch identifizieren, ohne persönliche Daten zu teilen." Bei der Registrierung mit Hilfe des "Orb" müssen Nutzer den Angaben zufolge weder Namen, Adresse oder Telefonnummer nennen. Außerdem würden die Daten, die für die Erstellung der World ID notwendig sind, ausschließlich in dem Gerät verarbeitet und standardmäßig nach Erstellung des Ausweises gelöscht. Die in Deutschland entwickelte Technologie zur Identitätsfeststellung entspreche den europäischen Datenschutz-Regeln. Nach eigenen Angaben haben sich bislang gut 2,1 Millionen Nutzer aus 120 Ländern bei Worldcoin angemeldet.

Biometrische Daten gegen Geld

In einigen Ländern verteilt Worldcoin die eigene Kryptowährung WLD als Gegenleistung für die Anmeldung. Dies locke vor allem Menschen in Geldnot an, kritisiert Rainer Rehak, der am Weizenbaum Insitut zu KI und Gesellschaft forscht. Der positive Effekt dieser Einmal-Zahlung werde schnell verpuffen mit der Ausnahme, dass die Registrierten künftig Kunden eines weltweiten Kryptowährungssystems sind.

Worldcoins Geldvergabe-Praxis hat auch die BaFin auf den Plan gerufen. "Ist die Geschäftstätigkeit erlaubnispflichtig und wendet sich ein Unternehmen ohne die notwendige Erlaubnis an den deutschen Markt, gehen wir dem nach", kündigte die deutsche Finanzaufsicht unlängst an. Auf die Frage nach dem Geschäftsmodell sagt Macieira, dass Worldcoin nicht an Nutzerdaten verdiene. Es sei denkbar, dass Firmen und Organisationen künftig für die Nutzung der Technologie Gebühren zahlten. 

(Reuters)