Der Verkauf von Toshiba hätte eigentlich einen Bieter-Wettkampf namhafter Finanzinvestoren aus aller Welt auslösen sollen. Stattdessen folgten Monate der Ungewissheit und eine enttäuschende Offerte für den japanischen Mischkonzern von umgerechnet 14 Milliarden Euro.

"Es war ein totales Chaos", kritisiert Analyst Mio Kato vom Research-Haus LightStream. "In dem Prozess gab es zu viele Beteiligte, die teilweise widersprüchliche Forderungen an das Management gestellt haben." Ausserdem hätten die aktivistischen Investoren Aufwand und Zeit für eine Sanierung des Traditionsunternehmens "massiv unterschätzt."

Toshiba ist eines der bekanntesten Unternehmen Japans und bietet von Speicherchips über Drucker bis hin zu Klimaanlagen zahlreiche Produkte an. In den vergangenen Jahren wurde der Konzern von Bilanzskandalen erschüttert und häufte unter anderem durch die Insolvenz der US-Nukleartochter Westinghouse Milliardenverluste an. Im anschließenden Streit mit aktivistischen Investoren um eine Neuausrichtung verschliss Toshiba mehrere Vorstandsvorsitzende.

Als einzig verbliebener Interessent bietet ein Konsortium um den Finanzinvestor Japan Industrial Partners (JIP) 4620 Yen je Toshiba-Aktie. Der Verwaltungsrat akzeptierte zwar die Offerte, verzichtete wegen der "enttäuschenden Bewertung" aber darauf, den Eignern die Annahme zu empfehlen. Zuvor hatten Grossaktionäre einen Wert von 6000 Yen als Schmerzgrenze bezeichnet.

Vorangegangen waren jahrelange Querelen: So schied Japan Investment Corp im Streit aus dem JIP-Konsortium aus. Der Staatsfonds hatte auf eine Ablösung des Managements um Toshiba-Chef Taro Shimada gedrängt. Zeitweise liebäugelte Japan Investment mit einer gemeinsamen Gegenofferte mit dem US-Finanzinvestor Bain. Letzterer hatte 2018 Kioxia geschluckt, die Speicherchip-Sparte von Toshiba.

Kein umfassender Umbau bei Toshiba

Aktivistische Investoren wollten ihre Toshiba-Anteile trotz der "schockierend niedrigen" Offerte abstossen, da sie die Streitereien Leid seien, sagt einer von Ihnen. Einigen wie Effissimo winken hohe Gewinne. Der Vermögensverwalter war im Rahmen der Kapitalerhöhung von 2017 bei dem Mischkonzern eingestiegen. Damals kosteten Toshiba-Papiere etwa 3000 Yen. Andere müssen dagegen Verluste hinnehmen. Die Offerte liegt etwa 15 Prozent unter dem Niveau von Ende 2014 - vor Bekanntwerden des Bilanzskandals. Im Vergleich zum Hoch vom Juni 2022 beläuft sich das Minus auf 22 Prozent.

Wegen unterschiedlicher Interessen im bunt gemischten JIP-Konsortium rechnen Experten nicht mit einem raschen und umfassenden Umbau bei Toshiba. Zahlreiche Mitbieter sind langjährige Geschäftspartner von Toshiba, so wie Chubu Electric. Einige nahm JIP Insidern zufolge auf Empfehlung des Konzerns in den Bieterkreis auf, andere habe das Handelsministerium vorgeschlagen. Die Grossaktionäre und die japanische Regierung wollten sich zu diesem Thema nicht äussern.

Nach Aussagen von Insidern musste JIP zusichern, schwächelnde Toshiba-Geschäftsbereiche abzustossen, sollten sich die Zahlen weiter verschlechtern. Dies sei eine Bedingung für die 8,5 Milliarden Euro schweren Kredite der Banken gewesen. Vor wenigen Wochen hatte der Konzern nach einem Gewinneinbruch zum zweiten Mal binnen weniger Monate seine Geschäftsziele gesenkt.

Die Banken sehen auch die Beibehaltung des Führungsteams kritisch. "Wenn das Management bleibt und die derzeitige Strategie weiterverfolgt, können wir nicht erkennen, wie es das Unternehmen voranbringen könnte", hatte eine von ihnen vor einiger Zeit gesagt.

(Reuters)