Am besten gelaufen ist es seit den nationalen Wahlen im Herbst 2023 der SVP: Nach Angaben des Bundesamtes für Statistik (BFS) hat sie in den letzten zwei Jahren in zehn Kantonsparlamenten 32 Sitze hinzugewonnen.

Grüne Themen verlieren an Sichtbarkeit

Die FDP dagegen verlor elf Sitze, und bei der Mitte hielten sich Gewinne und Verluste in etwa die Waage: Ein Sitz mehr ist die Bilanz. Die GLP verlor acht Sitze. Links machte die SP trotz Verlusten Boden gut, mit 15 Sitzen mehr. Weiter abwärts ging es mit den Grünen: Sie büssten in den Kantonen 19 Parlamentssitze ein.

«Die Themen von Grünen und GLP haben allgemein an Sichtbarkeit verloren», kommentiert die Politologin Sarah Bütikofer gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA die Zahlen. Die häufiger gewordenen Extremwetterereignisse hätten sich bisher nicht in grüne Wahlerfolge ummünzen lassen.

«Es ist durchaus möglich, dass sich die politische Linke auch in den nächsten Jahren eher durch von der SP besetzten Themen wie Wohnen oder Sozialversicherungen mobilisieren lässt.» Einen Mobilisierungseffekt sieht Bütikofer zudem für die Themen Migration, Sicherheit und Neutralität.

Die Rolle der FDP bei EU-Verträgen

Die FDP sieht Bütikofer im Gegenwind. Anfang Jahr habe sie in Solothurn gar das Etikett der stärksten Kraft im Kantonsrat verloren, das sie seit Ende des 19. Jahrhunderts getragen habe. «Die Themensetzung der abtretenden FDP-Führung zahlte sich bisher eher nicht aus.»

Der Lausanner Politologe Sean Müller sieht FDP und Mitte in einer schwierigen Lage: «Ausserhalb ihrer Stammlande kann die Mitte nicht gross Wirkung entfalten. Und die FDP verliert nach wie vor praktisch überall und in allen Wählersegmenten.» Angesichts der EU-Verträge und der US-Zölle sieht Müller Chancen für die FDP.

Bisher habe es so ausgesehen, dass die SVP mit ihrer Fundamentalopposition gegen die EU-Verträge das Spiel spiele, das für sie seit den 1990er-Jahren aufgegangen sei. Doch nach dem Zollhammer und auch wegen der Debatte um den Preis der F-35-Kampfjets stehe die EU plötzlich als freundliche Nachbarin da.

«Zur heimlichen Gewinnerin der EU-Frage avancieren könnte ausgerechnet die FDP», sagt er. Auf den ersten Blick möge es zwar negativ erscheinen, dass die Partei noch keine Position zu den Verträgen habe. Auf den zweiten Blick aber könne das durchaus seriös und abgeklärt wirken.

Auch Bütikofer sieht in der EU-Debatte die FDP und deren Haltung zu den EU-Verträgen im Fokus. SP, Grüne und GLP setzten auf verlässliche Partner und Nachbarstaaten. «Die SVP hingegen findet, das Glück der Schweiz liege vor allem im Freihandel mit fernen Ländern, etwa China und Indien.»

Stimmungsmacher und Motivatoren

Parteipräsidentinnen und -präsidenten sehen die Politologen angesichts dessen, dass die nationalen Wahlen sich in den Kantonen abspielen, in erster Linie als Stimmungsmacher und Motivatoren. Je breiter das von den Kandidierenden abgedeckte Spektrum und je animierter der Wahlkampf, desto grösser seien die Erfolgschancen, findet Müller.

«SVP, SP, Grüne und GLP sind hier eingespielte Maschinen, aber die Mitte und vor allem die FDP haben noch aufzuholen. Die Basis muss spüren, dass die Spitze für sie da ist, und umgekehrt.» - «Ein charismatisches Präsidium kann einer Partei viel Rückenwind geben», sagt Bütikofer. «Ein blasses Präsidium ist dagegen ein Handicap.»

Mit dem vorgeschlagenen Co-Präsidium gehe die FDP ganz neue Wege, und die FDP erhalte aufgrund der aktuellen weltpolitischen Lage sicherlich Chancen, sich klar zu positionieren. Viel Zeit bleibe der neuen Führung indes nicht, denn es gehe nun Schlag auf Schlag mit wichtigen Urnengängen, kantonalen und nationalen Wahlen.

«Aus dem Hut gezaubert»

Am 18. Oktober entscheiden die FDP-Delegierten über die Nachfolge von Präsident Thierry Burkart. Für Müller hat die FDP mit Nationalrätin Susanne Vincenz-Stauffacher und Ständerat Benjamin Mühlemann «im letzten Moment ein Co-Präsidium aus dem Hut gezaubert, das die interne Vielfalt ganz gut abbildet».

Für Bütikofer ist entscheidend, wie gut das künftige FDP-Führungsduo harmoniert. «Während das SP-Präsidium praktisch aus Sandkastenfreunden besteht, ist das bei den FDP-Kandidierenden meines Wissens nicht der Fall.»

Namentlich Mitte und FDP dürften bei den nächsten Wahlen auch den Bundesrat im Auge haben. Für die FDP, derzeit mit um 0,19 Prozentpunkte höherem Wähleranteil im Nationalrat als die Mitte, wird es darum gehen, ihre beiden Sitze zu verteidigen.

Die Mitte hat bereits signalisiert, dass sie den 2003 verlorenen zweiten Sitz zurückhaben will. Müller erinnert sich indes an die schwierige Suche nach einem Zweierticket für die Nachfolge von Bundesrätin Viola Amherd. «Von so einer Partei den Anspruch auf zwei Sitze zu hören, wirkt dann wie ein schlechter Witz.»

(AWP)