Ein März-Zinsschritt der amerikanischen Notenbank Fed ist nach den jüngsten Konjunkturdaten an den Zinsmärkten komplett "ausgepreist". Bei der Schweizerischen Nationalbank (SNB) sieht es dagegen etwas anders aus: Wenn sich die drei Direktoren der SNB am 21. März treffen, wird die Schweiz zu den ersten in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften gehören, die ernsthaft über eine sofortige Zinssenkung nachdenken kann.

Da sich die Schweizer Wirtschaft stabilisiert zeigt, gehen man am Markt davon aus, dass die SNB den Leitzins vorerst bei 1,75 Prozent belassen wird. So erwarten Ökonomen laut einer Bloomberg-Umfrage im März noch keine Zinssenkungen durch die Schweizer Währungshüter. Die implizite Wahrscheinlichkeit für eine Zinssenkung um 25 Basispunkte beträgt aktuell noch rund 30 Prozent, wie Alexander Koch von der Raiffeisen Schweiz schreibt. 

Die erste Senkung um 25 Basispunkte dürfte laut der Umfrage im Juni erfolgen, zwei weitere Schritte im September und Dezember sollten den Leitzins dann auf 1 Prozent bringen. Der neue Zinspfad leitet den Lockerungszyklus nun drei Monate früher ein als in der Umfrage vom letzten Monat.

Die befragten Ökonomen senkten zudem ihre Inflationsprognosen. Sie erwarten nun ein Konsumentenpreiswachstum von 1,4 Prozent in diesem Jahr und 1,2 Prozent im Jahr 2025 – ein Rückgang gegenüber 1,5 Prozent und 1,4 Prozent zuvor. In Sachen Inflationsbekämpfung bleiben die hiesigen Währungshüter den anderen Notenbanken voraus.

Die Schweizer Inflation ist seit der letzten Sitzung der SNB im Dezember stark zurückgegangen und fiel im Januar auf 1,3 Prozent, was deutlich unter den damaligen Konsenserwartungen von 1,7 Prozent lag. Sie ist nun auf dem besten Weg, im ersten Quartal 2024 durchschnittlich 1,2 Prozent zu erreichen, was deutlich unter der Prognose der Zentralbank von 1,8 Prozent liegt.

Eine stärker als erwartete Verlangsamung der Inflation seit der Dezember-Sitzung bedeutet auch, dass mit einer deutlichen Abwärtskorrektur der Inflationsprognosen SNB zu rechnen ist. Diese dürfte über den Prognosezeitraum hinweg deutlich unter 2 Prozent zu stehen kommen - wenn auch im oberen Bereich des Zielbereichs der SNB. Der Fokus der Ökonomen und Strategen am Donnerstag anlässlich der Lagebeurteilung der SNB wird sich deshalb stärker auf die Äusserungen zur Wechselkursentwicklung verschieben. 

Die Aufwärtsrisiken für den Franken sind vorerst begrenzt

Der effektive Wechselkurs des Schweizer Frankens war Ende 2023 rasch angestiegen. Er beendete das Jahr fast 3 Prozent über seinem Niveau zum Zeitpunkt der SNB-Sitzung am 14. Dezember – sowohl nominal als auch, was für die SNB besorgniserregender ist, real bedingt. Dies gab den politischen Entscheidungsträgern eindeutig Anlass zur Sorge. SNB-Präsident Thomas Jordan erwähnte Mitte Januar, dass die Aufwertung des Schweizer Frankens erheblich genug geworden sei, um die Inflationsaussichten wesentlich zu beeinflussen.

Seitdem haben sich die Bewegungen am Devisenmarkt umgekehrt und der Druck auf die Nationalbank, Massnahmen zur Eindämmung der Frankengewinne zu ergreifen, hat nachgelassen. Gegenüber den wichtigen Währungen Euro, amerikanischer Dollar und englisches Pfund, hat der Franken seit Jahresbeginn deutlich nachgegeben. 

Während des grössten Teils des Jahres 2023 hat sich die SNB ausdrücklich darauf konzentriert, den Franken durch den Verkauf von Fremdwährungen zu stützen, um die Straffung der Geldpolitik zu verstärken und die importierte Inflation abzufedern. Bei drei aufeinanderfolgenden Sitzungen im März, Juni und September 2023 hiess es in der geldpolitischen Beurteilung, dass "im aktuellen Umfeld der Schwerpunkt auf dem Verkauf von Fremdwährungen lag“. Diese Aussage wurde im Dezember entfernt, wobei die SNB lediglich signalisierte, dass sie weiterhin "bereit ist, bei Bedarf am Devisenmarkt aktiv zu werden“.

Sorgen über Aufwärtsrisiken für den Franken könnten die Politik beeinflussen

Es ist wahrscheinlich, dass die SNB in ​​den letzten Monaten den Verkauf von Devisen eingestellt hat. Für die Zukunft gehen die Bloomberg-Ökonomen davon aus, dass die SNB einem anhaltenden Aufwärtsdruck auf den Wechselkurs eher durch eine Senkung des Leitzinses entgegen wirken und nicht zu Devisenkäufen zurückzukehren wird.

Deshalb drängt sich der Juni als Zeitpunkt für eine erste Zinssenkung auf - zwei Wochen nach der Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB), welche dann ebenfalls mit der Lockerung der Geldpolitik beginnen dürfte. Aus rein inländischer Sicht bedeutet die Bevorzugung einer niedrigen Inflation, dass die SNB-Spitze wahrscheinlich damit einverstanden ist, die Zinsen noch etwas länger höher zu halten, so die Begründung.

(cash/Bloomberg)